Zustand | Plötzlich ist Winter. Raureif, knirschende Schritte, Minustemperaturen. Schals umwickeln die Hälse, man läuft mit hoch geschlagenen Krägen durch die Straßen. Nur Augen und Nasenspitzen schauen heraus. Allerorten schnieft es. In den Apotheken verlangt man nach Nasenspray und heißer Zitrone. Termine werden abgesagt, die halbe Bevölkerung ist malade.
Auch ich war krank. Die Krankheit deutete sich lange im Ungewissen am, Mattheit, Halsgrimmen, brennende Augen. Erst Tage später verstopfte die Nase, ein leichter Husten kam. Die Symptome hielten sich in Grenzen, dafür zogen sie sich über Wochen. Kaum dachte ich, es sei besser, wachte ich am nächsten Morgen auf, völlig erschlagen, die Bronchien schwer wie Steine. Dieses Wochenende beschloss ich, zwei Tage nichts zu tun, rein gar nichts. Es muss doch mal gut sein mit dem Kränkeln. Ich schlief, las und schlief. Und buk einen Kuchen. Vielleicht hat es gewirkt.
Lesung | Am Donnerstag las ich in der Halterner Stadtbücherei aus Die Frau, die den Himmel eroberte. Es war bundesweiter Vorlesetag. Den Termin hatten wir bereits im vergangenen Jahr ausgemacht, und ich freute mich, dass sich noch jemand für die Geschichte interessiert. Mein Buch ist in der Pandemie erschienen; es gab damals kaum Interesse an Lesungen.

Ich begann mit Eindrücken aus der Zeit, in der Käthe Paulus lebte: Beschleunigung, Industrialisierung, technologischer Fortschritt, eine neue Gesellschafts formte sich. Flottenprogramm, Aufrüstung, Armut in den Städten – und die Suche nach Vergnügungen. In dieser Stimmung begann eine junge Frau, mit dem Ballon aufzusteigen und abzuspringen. Ich erzählte, wie die Gasballons zum Aufstiegsort kamen, wie man vor Ort Wasserstoff herstellte und sie füllte, wie waghalsig die Aufstiege waren und wie irrsinnig das Herabfallen mit den Fallschirmen. Ich schilderte meine Eindrücke vom Unternehmergeist Käte Paulus‘ – und wie sie schließlich dazu kam, die ersten Rettungsschirme zu produzieren, Spähsoldaten in Verdun das Leben retteten.
Es war ein schönes Ereignis. Das Publikum fragte interessiert. Wir unterhielten uns über die irrsinnige Zeit zwischen 1870 und 1914 – und darüber, was wahr ist am Roman und was erdacht. Das war schön.
Alltag | Das Thema Autokauf beschäftigt mich weiter. Das Fahrzeug muss angemeldet werden. Das macht der Händler. Zuvor muss ich es versichern. Meine Güte, was gibt es Preisunterschiede zwischen den Versicherungen – bei gleicher Leistung. Ich suchte selbst und bemühte meinen Makler. Jetzt habe ich eine.
Passend zu meinen jüngsten Erlebnissen war ZEIT-Reporter Henning Sußebach eine Woche lang in deutschen Autohäusern und hat die Stimmung erspürt [€].
Gelesen | Thomas Mohr: Mit drei Lamas nach Rom. Thomas Mohr, Rechtsanwalt aus München, ist gemeinsam mit drei Freunden und drei Lamas von Bozen nach Rom gepilgert. Ich kann mir gut vorstellen, wie strapaziös die Reise war und wie beeindruckend die Begegnungen, die die Drei unterwegs hatten. Durch die Erzählung kommt es nicht ganz rüber, wohl aber, was dem Autor die Reise bedeutet. Thomas Mohr, gläubiger Katholik, steckte mitten in einer Krebserkrankung, die Prognose gab ihm nur noch einige Jahre. Zwei Dinge haben mich an dem Buch bewegt:
Als Mohr die ersten zwei Wochen schildert, in denen die Drei einen harten Wintereinbruch erlebten, dachte ich: Das kommt mir bekannt vor. Tatsächlich: Sie waren zur gleichen Zeit in Italien unterwegs wie ich, damals im Jahr 2018, als ich mir zu meinem 40. Geburtstag meinen Geburtstagsmonat März schenkte. De März können Sie hier – rückwärts – auf drei Seiten nachlesen. Ende Februar und Anfang März gab es im Norden Italiens meterhohen Schnee, die Wasserrohre froren ein. Ich hatte eine wilde Autofahrt von der Emilia Romagna Richtung Rom. In der Nähe von Rom wohnte ich in Montefiascone, einer kleinen, mittelalterlichen Stadt mit einem Papstpalast. In eben jenem Papstpalast machten Thomas Mohr und seine Leute zwei Wochen, nachdem ich dort war, Rast. Wir haben uns nur knapp verpasst.
Der Autor ist inzwischen verstorben. Das Gefühl, die Reise im Angesicht des nahenden Todes zu unternehmen, hat ihn also nicht getrügt.
Schweine | Es verwundert mich jeden Winter, wie resistent die Schweine gegenüber Kälte sind. Sie frieren nicht, und wenn doch, dann stopfen sie sich alle in ein Häuschen und kuscheln. Blöd ist nur, dass über Tag das Gemüse gefriert. Also geben wir mehrmals täglich kleinere Mengen. Die nachmittägliche Zwischenmahlzeit: Kohlrabiblätter in leichter Petersilienbegleitung.

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