Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Tag Vier auf La Gomera: Alt-Hippietum, die Freizeit Revue und Bilder von der Piste

7. 1. 2020 4 Kommentare Aus der Kategorie »Expeditionen«

Winter | Heute war es bitterkalt. Also, für gomerische Verhältnisse. In der Nacht hat es ausufernd gewindet. Ich bin mehrmals aufgestanden, um zu schauen, ob alles noch an Ort und Stelle ist, um die Hängematte abzunehmen (damit sie nicht nassregnet), um Fenster und Türen zu schließen und wieder zu öffnen. Denn zu ist nicht unbedingt gut, dann zieht’s durch die Ritzen, und alles klappert. Auf ist natürlich auch nicht gut, denn dann windet es durch die ganze, kleine Bude. Wie man’s macht!


Der Weg zur schönen Aussicht | Am späten Vormittag fuhr ich nach Valle Gran Rey. Das liegt im Westen der Insel. Ich wollte etwas einkaufen und tanken. Mich macht es nervös, wenn sich Dinge dem Ende zuneigen. Ich könnte schließlich unverschuldet von der Welt abgeschnitten werden – und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wenn ich nur noch eine halbe Packung von dieser köstlichen Käsecreme und eine kleine Banane im Hause habe. Nicht gut.

Außerdem wollte ich nach meinem gestrigen Wandertag etwas nicht allzu Anstrengendes unternehmen, aber trotzdem raus, also: ganz raus. Gestern bin ich ja nur einen Teil des holprigen Weges hinauf gefahren, habe drei Kilometer oberhalb meiner Unterkunft geparkt und bin von dort aus weitergelaufen. Heute fuhr ich den holprigen Weg bis zur Straße zurück – und, wie gesagt, weiter nach Valle Gran Rey.

Damit Sie einen Eindruck haben, wie die Fahrt zu meinem Eremitenhäuschen aussieht, habe ich auf dem Heimweg Bilder für Sie gemacht. Abgeschiedenheit und schöne Aussicht gibt’s hier nicht für umme: Man muss Einsatz zeigen.

Die sechs Kilometer lange Fahrt über die Piste dauert etwa 25 Minuten. Zwischendurch kommt auch eine Strecke, die zum Teil ashpaltiert ist. Da geht’s für einen Moment schneller voran. Alles in allem braucht’s aber Beherztheit, Schwindelfreiheit und in bisschen Gefühl im Gasfuß, besonders bergauf in den steilen, erdigen Kurven.


Im Tal des Großen Königs | Auf dem Weg zum Valle Gran Rey hielt ich am Mirador und schaute hinunter ins Tal.

Blick ins lang gezogene, terrassierte Tal

Im Tal parkte ich an der nächsten Straßenecke und marschierte zu Fuß weiter, ging die Küste entlang, stromerte durch die Gassen und trank einen Kaffee. Dazu gab’s eine Waffel, die ich nicht fotografieren konnte, die Gründe erzähle ich gleich.

Die Waffel war mit Mangosorbet und Sesampaste dekoriert. Beides war köstlich. Die Waffel selbst war allerdings aufgetaut und bekommt deshalb nur lieb gemeinte fünf von zehn Punkten, wenngleich Farbe und Geschmack grundsätzlich stimmten.

Dass ich kein Foto von der Waffel habe, liegt an meinem Sitznachbarn. Der Herr gesellte sich zu mir und einer mir unbekannten Dame an den Tisch. Die Dame war etwa in meinem Alter, sie las ein Buch, ich fragte, ob ich mich dazusetzen dürfe, sie nickte, und fortan ignorierten wir uns höflich.

Dann kam der Herr, ein Mann im frühen Renten-, vielleicht auch späten Erwerbsalter. Er fragte ebenfalls, ob er sitzen dürfe, wir nickten, und fortan begann er der lesenden Dame zu dozieren.

Warum er mir nicht dozierte, kann ich nicht sagen. Die Lesende erfuhr, dass er seit zwei Wochen auf der Insel wohnt, wie hoch die Wellen üblicherweise sind, was er zum Frühstück isst (Joghurt-Smoothie) und warum (Verdauung), dass es heute besonders kalt ist (ach was), dass das im Januar aber vorkommen kann (sapperlot) und warum (Wetter), dass Wellen mit Wind höher sind als ohne (na sowas) und allerlei anderes Insider-Wissen.

Um seine Aufmerksamkeit nicht auf mich zu ziehen, sah ich davon ab, mein Essen zu fotografieren. Einen Vortrag über Handysucht und den Fluch sozialer Medien wollte ich unbedingt vermeiden.


Too many Germans | Nach der Waffel kaufte ich ein, tankte und fuhr heim. Wieder in Tazo, traf ich auf meine Vermieterin M.

„How was Valle Gran Rey?“
„Nice Landscape but too many Germans.“
„Right.“

Denn allerorten schwäbelte es heute, hier Yoga, dort Schwangerschaftsmassage, Meditation, Trommelerfahrungen, irgendwas für die Chakren und sogar ein Reformhaus gibt’s im Valle, eine deutsche Metzgerei, eine deutsche Bäckerei (Vollkorn, auch glutenfrei) und überall Menschen in Strickstulpen und weiten Baumwollhosen, die sehr achtsam Dinge tun.

In dem Zusammenhang gelernt: Alt-Hippietum und die Freizeit Revue schließen sich nicht aus.

Zeitschriftenständer mit deutscher Yellow Press

Gehört | Der Moskau-Nizza-Express. Eine Reportage des Deutschlandfunks über einen russischen Nachtzug, der 3300 Kilometer durch sieben Lämder fährt, 49 Stunden lang, jeden Donnerstag: von Moskau nach Nizza.

Gehört | „Was ist Deine Wahrheit?“ Kriminalbiologe Mark Benecke zu Gast im Hotel Matze.

Gelesen | Ingenieur Frank Glanert hat seine Arbeitszeit reduziert. Er arbeitet nur noch vier Tage pro Woche. Warum er das tat und wie es ihm damit geht, erzählt er.

Kommentare

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  1. p sagt:

    Hihi, die Katze kenne ich persönlich.
    Ihnen einen schönen Urlaub!!

    1. Vanessa sagt:

      Oh ha! Hoffentlich verklagt sich mich jetzt nicht. Recht am eigenen Bild und so.

  2. Christian sagt:

    Tja die Ex-Hippies und die Medien auf Gomera. Sehr schön durch dieses kleine, abgedrehte Inselmagazin zusammengefasst:
    https://vallebote.de/wp-content/uploads/VB105.gif
    Beachte den Untertitel und die Waffelanspielung ;-)

    1. Vanessa sagt:

      Ich stand vor einem Zeitschriftenständer mit den vergangenen sechs Ausgaben und war versucht, eine zu kaufen, nur aus Interesse. Habe beim Blättern aber festgestellt: Das verlangt mir emotional zu viel ab.

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