Heiß ist es. Was insgesamt besser ist als kalt. Ich möchte mich also nicht beschweren. Ich möchte es nur zu Protokoll geben. Ist ja hier ein Tagebuch.
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Nachdem ich am vergangenen Mittwoch aus Berlin wiederkam, bin ich am nächsten Tag direkt nach Lippstadt weitergefahren: Fortbildung.
Genau genommen war ich nicht in Lippstadt, sondern in Bad Waldliesborn, Walibo genannt, dem Epizentrum des ostwestfälichen Kurwesens. Herz und Hüfte als Kerngeschäft, dazu Busladungen senioriger Reisegruppen auf Kaffee und Kuchen. Ich habe in meine Zukunft geblickt, und sie war beschaulich.
Weil es so beschaulich war, habe ich mich der Kulturtechnik des Postkartenschreibens besonnen und Postkarten geschrieben:
Im Zentrum der Karte sehen Sie den stillgelegten Bahnhof des Ortes.
In Walibo habe ich drei Tage lang Weiterbildung in Mediation genossen – Konfliktlösung und Gesprächsführung bei Barbara Claar, das zweite Präsenzseminar in meinem Kompaktstudium. Drei Tage bei 28 Grad im Seminarraum, manchmal auch draußen auf der Wiese, aber eben bei 28 Grad, von morgens um neun bis abends um sechs – danach war ich gar wie ein Kochfisch. Vanessa sous vide.
Was ich gelernt habe, schreibe ich dieser Tage mal für meine Job-Website auf. Es war richtig, richtig gut und die Gesellschaft war ausgesprochen nett. 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – Projektmanager, eine Staatsanwältin, Supervisorinnen, Wissenschaftler, Personalleiterinnen, Lehrer, ein Professor und Unternehmensentwicklerinnen. Das war fachlich super; wir hatten einen tollen und bereichernden Austausch, und ich habe vieles gelernt, was ich in meiner Arbeit unterbringen werde. Es war auch menschlich sehr nett; wir haben viel gelacht. Der Cocktail-Geheimtipp in Walibo: die Kajüte.
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Eine Ergänzung noch zu Berlin: Dort habe ich Christine Zureich kennengelernt, deren erstes Buch im Februar bei Ullstein erschienen ist – Garten, Baby! Eine Geschichte übers Gärtnern in der Stadt – das betrifft ja einige meiner Leserinnen und Leser -, es geht um Beziehungen, um Rosen und Zucchini, und es gibt ein Gartenmanifest: Wachsen und wachsen lassen!
Außerdem habe ich in Berlin Max getroffen. Max heißt Max Wolf und hat den Glücksreaktor geschrieben, der Mitte August bei Hoffman & Campe erscheint. Ein Roman, der in Franken in den 90ern spielt – mit elektronischer Musik, Pubertät, Marihuana, Rebellion und Rave. Spannend war, dass Max im richtigen Leben das Verhalten von Fischen erforscht; ich habe mich an dem Abend also längere Zeit mit einem gut aussehenden Mann über Amazonenkärpflinge unterhalten, und es war weder seltsam noch waren wir über die Maßen betrunken.
Christine und Max waren rundum sympathisch und humorvoll. Wenn Sie also ihre Bücher kaufen, kaufen Sie nicht nur Geschichten, sondern auch etwas von netten Menschen. Das macht’s ja immer noch schöner.
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Während ich eine Woche lang unterwegs war, ist der Garten eskaliert. Eine bilddokumentarische Zusammenfassung:
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Instagram: Ich folge jetzt Eden ISS. Das ist ein Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), bei dem Wissenschaftler in der Antarktis Gemüse anbauen. Damit finden sie heraus, wie das im All gehen könnte. Das Projekt hat auch eine Facebook-Seite, der man folgen kann.
Gelesen: Landflucht – Lange Leben im Dorf über die Gemeinde Walmerod im Westerwald und ihre Bemühungen, den Ort attraktiv für Zuziehende und Dableibende zu machen.
Angeguckt: den SZ-Koalitionstracker. Die Süddeutsche Zeitung hat ein Aufgabenboard für die Große Koalition gemacht und trackt den Fortschritt. Die Washington Post macht das Gleiche zur Trump-Regierung.
Kommentare
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Hach, meine alte Heimat Lippstadt! Und das sehr beschauliche Walibo!
Da fallen mir in der Umgebung noch sooo viele tolle Sachen ein die man nicht nur als Senior unternehmen kann. Habe im letzten Herbst z.B. einen ganzen Kasten Herr Käthe Bier der Lippstädter Brauerei Thombansens importiert.
Hier im Pott ist es auch sehr herrlich. Trotzdem:
And driving down the road I get a feeling that I should have bin home yesterday, yesterdaaaaay!
Brauerei? Warum wusste ich das nicht schon am Donnerstag? Die Reisegruppe wäre entzückt gewesen.
Hach Postkarten – meine Frau Mutter sammelt diese, so daß ich nirgends hindarf ohne 1.) schon vorher Postkarten an zusehen vom zu besuchenden Ort und 2.) natürlich wenigstens eine neue Postkarte für die Sammlung zu schreiben.
Und ganz ehrlich, eine Postkarte aus dem Briefkasten zu holen, ist nach wie vor etwas sehr schönes … altmodisches.
Auf den letzten Reisen habe ich Postkarten über eine App verschickt – mit selbstgemachten Fotos. Das finde ich auch sehr schick. Allerdings konnte ich an obigem Exemplar nicht vorbeigehen.
Eine Freundin und ich haben uns lange Jahre die schlimmste Postkarte des Urlaubsortes geschickt. Seinerzeit war das einfach. Es gab eine große Auswahl an Postkarten, deren Motive in den 80ern und frühen 90ern entstanden sind. Gerne mit einer Prise Sexismus, Rassismus oder Haudrauf-Humor.
Irgendwann Anfang oder Mitte der 2000er Jahre muss es eine Renaissance des Postkartenwesens gegeben haben, denn diese Motive waren plötzlich verschwunden und es gab nur noch geschmackvolle Postkarten. Mit Walibo habe ich endlich wieder einen Ort gefunden, an dem diese Entwicklung vorbeigegangen ist.