Johannes Korten schreibt über Glück, und ich muss ihm widersprechen.
Es gibt kaum Schöneres, als Kinder beim Glücklichsein zu beobachten. Es ist schade, dass uns diese wunderbare Gabe offenbar irgendwann mit dem Erwachsenwerden abhanden kommt. […] Wenn wir Erwachsenen uns mit unserem Glück beschäftigen, taucht der Begriff fast immer in der Kombination mit dem Wörtchen „Suche“ auf.
Glück ist der Zustand jener Vollkommenheit, den wir auch als Erwachsene erreichen, wenn wir für einen Augenblick unsere Vergangenheit loslassen und nicht an die Zukunft denken.
Es kommt immer dann, wenn wir nichts erwarten – weshalb es umso großartiger ist. Doch der Moment ist flüchtig; und um ihn aktiv herbeizuführen, sind wir zu sehr die Summe unserer Erfahrungen. Deshalb können wir das Glück zwar suchen, aber niemals finden – es findet höchstens uns.
Was wir selbst finden können, ist einzig Zufriedenheit: das Wissen, dass wir mit unserem Tun etwas bewirken; das Gefühl, dass wir unseren Bedürfnissen genüge tun.
Allerdings: Nur wenn wir wissen, was wir möchten, können wir suchen, was wir brauchen. Wir können wachsen an unseren Schritten; und manchmal entschließen wir uns gar, das Ziel unseres Weges vorzuverlegen, weil es auf der Etappe bereits so schön ist.
Das Glück ist da, wenn man es zulässt, dass es da ist. Es liegt am Ende vor allem in uns. […] Glück ist […] eine Frage der Haltung.
Glück ist keine Frage des Wollens, und auch Zufriedenheit ist es nicht. Zufriedenheit ist lediglich die Folge von Bestätigung, die wir erlangen – durch uns selbst oder durch andere.
Eine oft vorgetragene Annahme ist, wir müssten nur unsere Einstellung ändern, dann sei auch die elendste Situation mit Genügsamkeit zu ertragen. Doch das ist anmaßend und empathielos. Sofern wir uns auf unsere tatsächlichen Bedürfnisse konzentrieren und nicht nur auf ihre materiellen Ausprägungen, sind wir machtlos gegenüber Momenten großen Unglücks, Phasen der Trauer und der Ausweglosigkeit, Zeiten der Not, in der keine innere Haltung hilft, weil für die Haltung der Halt fehlt, und nur eine -ung bleibt, die niemanden zum Anlehnen hat.
Was dann allein hilft, ist Beistand. Der uns so lange stützt, bis wir wieder alleine stehen können, um unseren Weg weiterzugehen.
Kommentare
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Danke für die Erwiderung. Ich muss darauf noch ordentlich rumkauen. In mir ringen Zustimmung und Widerspruch miteinander.
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Sehr schöner, kluger Text. Insbesondere die letzten Absätze würde ich gerne dick mit Textmarker anpinseln.
Danke dafür!
Ja – Glück gehört nicht mit ’suchen‘ zusammen. Und auch Nein – in Details.
Ich würde die Vergangenheit da nicht so ausschliessen. Immerhin hat sie einen ja auch dahin gebracht, wo man gerade ist und den Glücksmoment geniesst. Aber sonst: ja, Glück ist dieser Moment, an dem alles richtig ist, und die nächste Wegbiegung gerade nicht zählt.
Und auch da wäre ich weicher: natürlich kann man ohne festes Ziel suchen. Die Chance, dass man findet, was es sein soll ist einfach kleiner – aber Glück kann hinter jeder Ecke stecken.
Ihr Satz mit der Zufriedenheit: einfach nur zum unterschreiben. (achnee, . sagen wir ja)
[…] Frau Nessy hat etwas sehr schönes über Glück geschrieben. Als jemand, der immer dachte, dass man sich Glück erarbeiten kann, stimme ich ihr in vielen Punkten zu. […]
Ups! Eigentlich wollte ich hier einen Kommentar schreiben. Jetzt ist es doch ein ganzer Blogbeitrag geworden.
Allerdings nicht so elegant geschrieben wie Ihrer, liebe Frau Nessy. ;-)