Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Wie ich wegen Jürgen fast in Dornbüschen verendete

13. 5. 2014 15 Kommentare Aus der Kategorie »Expeditionen«

Im Nachhinein hat es mich nachdenklich gestimmt.

Ausgerechnet einen Tag nach Ostern wäre ich fast in Dornbüschen verendet. Wo Dornen in der Bibel doch so ein großes Thema sind (2. Mose 3, 2ff.), vor allem an Ostern (Matthäus 27, 29ff.; Markus 15,16ff.).

Es begab sich also zu der Zeit, dass Frau Nessy in Andalusien war, um Rast zu halten von der alltäglichen Mühsal. Sie beschloss, einen Marsch zu machen, denn sie hatte gehört, in der Gegend der Alpujarra gebe es erquickliche Wege. Und so begab sie sich auf eine Reise in die Berge.

Irgendwo hinter Capileira

In den Bergen begann sie am ersten Tag ihren Weg im dritten Dorf, dass da hieß Capileira. Sie stieg hinab und wieder hinauf und erreichte das zweite Dorf, dass da hieß Bubión. Und es war ihr nicht genug; so ging sie weiter und stieg stracks hinab ins erste Dorf. So erreichte sie Pampaneira.

Capileira, Bubión und Pampanieira

Von dort sollte sie der Weg in einen Talgrund führen, in dem sie auf einen Fluss traf, der aus den Bergen kam. Sie erfreute sich an dem Fluss und an dem Anblick der Dörfer und begann alsdann den Aufstieg auf der anderen Talseite. Denn wo es einen Hinweg gibt, da gibt es auch einen Rückweg.

Doch siehe, der Rückweg war versperrt. Sie deutete die Zeichen, die da zeigten in einen Dornbusch und suchte nach dem Weg, doch der Dornbusch war der Weg. So ging sie hindurch und vergoß ihr Blut und verfluchte Jürgen, der ihr den Weg hatte weisen sollen.

Gefährliche Kratzer von Dornen

Am zweiten Tag besuchte sie erneut das dritte Dorf und ging in Richtung des Berg Mulhacén, der den Namen des Abu l-Hasan Ali trägt, was die Menschen einst Muley Hacén aussprachen und der ein Herrscher war. Dort traf sie wieder auf den Fluss, den sie überquerte und dessen Lauf sie folgte in Richtung der Quelle. Dabei kam sie an Gehöften vorbei, die in dieser Gegend Cortijo heißen. Sie erkannte die Gehöfte an ihren Feldern und Dreschplätzen und an den Weiden, auf denen sie ihr Vieh gehalten hatten.

Feld irgendwo hinter Capileira

So begab es sich, dass sie ein Dorf erreichte, das da hieß La Cebadilla. La Cebadilla war wüst und leer, denn sie hatten das Land verlassen und waren an Orte gezogen, die weniger einsam waren.

La Cebadilla

Sie betrachtete das Dorf und stieg hinab in die Häuser, um zu sehen, wie sie gelebt hatten in der Einöde, in der sie das Wasser bändigen und zu Strom machen, so wie James B. Francis es ihnen gelehrt hatte. Und siehe: Sie hatten gut gelebt.

Verlassenes Haus in La Cebadilla

Sie verweilte und nahm Brot und Wasser, aß von dem Brot und trank von dem Wasser. Dann folgte sie dem Weg, der sie an den Ort führte, an dem sie ihren Marsch begonnen hatte. So kehrte sie zurück nach Capileira.

In der Sierra Nevada

Tour 1
Durch die Schlucht des Poqueira
Hinweg: PR-A 70 „Pueblos del Poqueira“
Rückweg: „Sendero Local La Atalaya“
6 Stunden Gehzeit, 900 Höhenmeter, 11 km

Tour 2
Von Capileira zum Oberlauf des Poqueira
PR-A 23 „Acequias del Poqueira“
3 Stunden Gehzeit, 350 Höhenmeter, 9 km

 

Kommentare

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  1. Zaubermann sagt:

    *gg*…Deiner Schilderung entnehme ich, dass der Wanderführer des Jürgen wohl auch eher biblischen Entstehungsdatums gewesen sein mochte? ;-)

    Aber nun – es gibt ja Gegenden, an denen die Gezeiten und jedwede Evolution nahezu spurlos vorbei gehen.
    (Ich weiß wovon ich rede, stamme ich doch aus den Tiefen der Eifel!)

    1. Frau Nessy sagt:

      Die Eifel und das Sauerland scheinen ein paar Dinge gemeinsam zu haben.

      Der Wanderführer ist eine Auflage von 2012. Der Autor ist die Wege also 2011 zuletzt gegangen – falls er sie anlässlich der Neuauflage nochmal besucht hat. Davon abgesehen war der Wanderführer aber auch in anderen Dingen nicht gut: Mal war auf einem Kilometer jeder Baum und jeder Brunnen erwähnt, dann wieder hieß es sinngemäß „Folgen Sie dem Weg und Sie erreichen nach eineinhalb Stunden xy“. So eindeutig war es dann leider nicht.

  2. flyhigher sagt:

    Liebe Nessy, meine Bewunderung ist dir sicher. Ich für meinen Teil traue mich nicht mehr in Berge, wenn ich nicht entweder geführt werde oder schon 20x oben war, weil ich und mein HTT die Gabe haben, uns zu versteigen, und zwar ohne Möglichkeit auf Umkehr, und das auf bestens markierten Wegen im Heimatland. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wo ich da in Andalusien gelandet wäre!

    1. Frau Nessy sagt:

      Ach, die Orientierung ist meist nicht das Problem; ich bin sehr gut richtungs-orientiert. Allerdings sind die Wanderwege in Andalusien tatsächlich nicht so gut ausgezeichnet und gepflegt wie zum Beispiel auf den Kanaren. Vielleicht, weil auf den Kanaren einfach mehr Wandertouristen unterwegs sind.

  3. Christina sagt:

    * AMEN *

  4. Frau-Irgendwas-ist-immer sagt:

    Und so empfehle ich für den nächsten Urlaub ‚plattes Land‘, sollte Sie da spontan die Wanderlust überfallen sehen Sie schon früh wo Sie am Mittag sein werden.
    Da kann Sie kein Jürgen in die Irre führen!

    1. Frau Nessy sagt:

      Auch bei meiner Drei-Dörfer-Runde sah ich immer, wohin ich musste – spätestens, als ich auf der anderen Seite des Barranco wieder zurückging. Allein die Tatsache, dass ich dazu noch einmal ganz hinunter in die Schlucht musste, um wieder zum Dorf hinaufzugehen, hat mich ein bisschen fertig gemacht.

  5. Croco sagt:

    Gefährlicher Jürgen! Schreiben Sie ihm doch.
    Apropos, ich muss noch dringendst einem Reiseführer die Ohren verhauen, wegen geschlossener Höhle, nicht vorhandenem Keltengrab und noch son Zeugs.
    Hat uns einen Tag und blöde Rumlauferei beschert.

    1. Frau Nessy sagt:

      //*nickt verständnisvoll

  6. jpr sagt:

    Hach, wunder- wunderschoene Gegend. Einzig mit dem Nachteil, dass ich Sie nun mit so einem leicht leierigen Singsang im Hinterkopf hatte, waehrend der Geschichte, aber das liegt an der Textform. Tut dem Ganzen aber definitiv keinen Abbruch.

    //PS. Ich werde ja alles in allem das Gefuehl nicht los, dass Ihnen endlich mal wieder Schrammen am Arm nach langer Handball-Abstinenz eigentlich gar nicht so unrecht waren.

    1. Frau Nessy sagt:

      Im Nachhinein: natürlich. Währenddessen: nicht. Aber so ist es beim Handball ja auch.

  7. mom sagt:

    ooooh ich war da grad ich war da grad! Schööööön!
    *freu

    Speaking of Wanderführer, das klassische deutsche Wanderverständnis und das klassische spanische Verhältnis zur korrekten Wegmarkieren prallen da ja immer wieder ungebremst aufeinander.
    Wir waren mit unserem Jürgen auf Gran Canaria wandern, und siehe da, wir landeten erst mal in einem Dschungeltal á la Rambo in Vietnam, wo handtellergroße Falter auf glitschigen Moospolstern saßen. Der Weg endete für uns, weil wir keine Macheten mithatten, mit denen wir uns durch das Gestrüpp hätten kämpfen können. Der 2. Teil der Wanderung war dann angekündigt á la „Zwängen Sie sich am Zaun vorbei. Es steht zwar „Privatweg“ da, aber keine Angst, machen sie’s trotzdem.“ Den Rest des Weges liefen wir an verwahrlosten Höhlen voll Gerümpel vorbei und hofften, dass die schaurig heulenden Hunde irgendwo angekettet und nicht allzu hungrig waren….also, den Jürgen nur bedingt vertrauen. :-)

    1. Frau Nessy sagt:

      Das beschreibt auch die Situation im Andalusien-Reiseführer ziemlich gut. Für die Kanaren kann ich die Rother-Wanderführer empfehlen. Mit denen bin ich immer gut klargekommen.

  8. Aurora sagt:

    Mein „bester“ Reiseführer war der mit den genauen Beschreibungen „Sie kommen an eine Lichtung, die von Stromleitungen überspannt ist. Danach nehmen Sie den nächsten Weg nach links“ Blöderweise war der nächste (und übernächste und überübernächste) Weg eine längere Sackgasse, die an einem Feld im Irgendwo geendet ist. Lustig.

    1. Frau Nessy sagt:

      „Nach zehn Minuten kommen Sie an einem Wasserbecken vorbei.“ Oder nach 20. Oder nach 30. Vielleicht aber auch nie. Lassen Sie sich nicht irritieren.

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