Draußen nur Kännchen Kaffeehaus mit ♥

Ette von unten

19. 10. 2011 40 Kommentare Aus der Kategorie »Anrainer«

Unter mir befindet sich eine Wohnung, zu der es keine Tür gibt.

Zumindest nicht vorne. Der Ette, der darin wohnt, muss seine Gemächer über den Hof betreten. Ist er drin, kann er durch nicht weniger als zwei Fenster herausgucken. Eines öffnet den Blick in die überdachte Hofeinfahrt – drei Meter bis zur nächsten Mauer. Das andere geht nach vorne auf den Gehsteig. Damit niemand hineinsehen kann und vielleicht auch, weil ihm Mitmenschen und Tageslicht nicht liegen, hat er es mit blickdichter Folie abgeklebt, hinter der es die meiste Zeit bläulich schimmert.

Ette ist aber nicht einsam. Er hat Freunde. Sie kommen immer abends. Dann hallt es laut durch die gekippte Folie:
„Aaah!“
„Scheiße!“
„Hau ihn weg, mann!
„Mist, verdammter!“
„Geiler Zock!“

Manchmal fliegen Dinge gegen die Scheibe, Bekundungen gleichermaßen des Frusts wie der Freude. Spät am Abend, oft erst nach Mitternacht, verabschieden sich Ettes Kumpels:
„War krass, Alta.“
„Herbe Nummer, mann.“
„Mit dem Kick, das hab ich voll vercheckt, ey.“
„Lol, Alta, aber wie, Alta.“
„Mach gut, ne.“
„Lasset krachen.“

Gute Nacht, John-Boy.
Gute Nacht, Elizabeth.
Gute Nacht, Jim-Bob.
Gute Nacht, Frau Nessy.

Kommentare

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  1. Rinjah sagt:

    Hmhmm.. Ette spielt MMORPGs? ;)

    1. kvinna sagt:

      An sowas dachte ich auch. Ansonsten wäre mir das geschilderte Phänomen zuuu kryptisch…

    2. dienyx sagt:

      MMORPG – Massively Multiplayer Online Roleplaying Game. Sowas hab ich auch mal gezockt. Das mit dem „Kick“ könnte u.U. auf World of Warcraft hinweisen.

      Das erklärt auch die scheu vor Tageslicht trotz der sozialen Kontakte. Denn Licht im Bildschirm schmerzt die übermüdeten Zockeraugen und macht es Ette schwer zu sehen, was da gerade passiert.

      Der arme Ette, weiß vielleicht gar nicht mehr, dass es draußen, im Tageslicht, auch noch ein Leben gibt.

      Bin ich froh, dass ich kein Ette mehr bin :)

  2. Bis vor kurzem hatten wir so eine Checkerbude direkt gegenüber, allerdings mit weniger Hang zur Privatsphäre. Partys jeglicher Art und auch das alltägliche Leben bis hin zu – sofern man den Beobachtungen von Frau Banger Glauben schenken darf – körperbetonten und kleidungsarmen Sportarten fanden direkt hinter dem ohne Blickschutz versehenen großen Fenster statt, welches vom davor liegenden Bürgersteig aus formidablen Einblick in die Einzimmerwohnung gewährte, ja, bei wärmeren Temperaturen meist offen stand und bei der Gelegenheit direkt als Ein- und Ausgang sowie Anlieferungsöffnung für das Pizzataxi diente.

    1. jpr sagt:

      Sie sehen – Herr Banger – den Unterschied zwischen Nerd und Checker. Letzterer konsumiert seine Eiweisspraeparate auf der Bank vor dem Haus und laesst auch die zufaellig vorbeilaufende Weiblichkeit Einblick darin haben, wieviel Gewicht grad auf der Kurzhantel ist.
      Ersterer ist der mit der – eher fuer den Schutz der Zuschauer dienenden – Fickfolie.

    2. Nessy sagt:

      Ein bisschen sympathisch ist er ja, der Checker.

    3. Ich bemerke gerade, dass der Hinweis auf „körperbetonte und kleidungsarme Sportarten“ viel zu fitnessbetont herüberkam.
      Eigentlich meine ich Fummeln und Bumsen bei halbherzigem Blickschutz.

    4. ingo sagt:

      Jetzt überlege ich ob der Hinweis auf das „Gewicht auf der Kurzhantel“ nicht doch signalisiert dass an die richtige „Sportart“ gedacht wurde. Doppeldeutigkeiten allüberall …

  3. jpr sagt:

    Ginge das folierte Fenster zum Hof und waere die Folie neu – wir haetten alle vermuten koennen, dass Ette vielleicht versucht den Italiener zu vermeiden.
    So wie es ist sehen wir: soziale Kontakte wachsen offenbar auch im Dunkeln (oder Halblicht)

    1. Nessy sagt:

      Ob der Italiener aber auf Ette steht? Bin skeptisch. Obwohl: Vorlieben können sich ja ändern.

  4. BlueSilver sagt:

    „…vielleicht auch, weil ihm Mitmenschen und Tageslicht nicht liegen“

    Beginne an Tagen wie diesen, jenen Mitbewohner zu verstehen.
    Kann aber auch am booten des Winterschlafmodus liegen, glaube das aber nicht.

    1. Nessy sagt:

      Mitmenschen – okay. Tageslicht? Mmmh. Wenn schon alleine zu Hause, dann hübsch und sonnendurchflutet.

  5. Croco sagt:

    Ette Walton hat nen Tischkicker und Pflanzen mit dem fünffingrigen Blatt, wenn ich vermuten darf.

    1. Nessy sagt:

      Tischkicker? Das geht doch auch virtuell.
      Rotlichtlampen habe ich noch nicht entdeckt. Aber kann ja noch.

  6. andi sagt:

    Im Studentenwohnheim wohnte Ette mal über mir. Den ganzen Tag waren die Vorhänge zugezogen und abends ging die Lutzi ab. Die Lieblingsbeschäftigung meines Ettes war es, den Schreibtisch nachts über den Linoleumfußboden zu schieben. Vielleicht ist er jetzt ins Ruhrgebiet gezogen?

    1. Nessy sagt:

      Vielleicht war er einfach nur reinlich und hat täglich (nächtlich) staubgesaugt. Mit Möbelrücken und unter-dem-Sofa.

  7. sven sagt:

    Spielen die FIFA auf der Playstation?

    1. Nessy sagt:

      Wenn ich das mal wüsste! Ich weiß nicht mal, wie Ette aussieht.

  8. Blogolade sagt:

    Vielleicht ist Ette gebürtiger Pfälzer?
    Die verschanzen sich ähnlich aus Angst, dass die Franzosen wieder kommen, wurde mir erklärt.

    1. Nessy sagt:

      Vielleicht ist er auch eine Surikate aus der Familie der Mangusten. Die sollen in ihren Erdhöhlen sehr gesellig leben.

    2. Boeke sagt:

      Pures Gerücht! (Sagt ein gebürtiger Pfälzer!) :-)

  9. Martin W. sagt:

    Ich tippe auch auf eine wie auch immer geartete Vergnügung mit neumodischem Elektronik-Nippes. Allein die abgeklebte Scheibe verwundert ein bissel. Aber vielleicht ist er auch Makrobiotiker, um es mit Bud Spencer zu sagen.

  10. hodyshorn sagt:

    Die spielen wohl fleissig Fifa, würde ich auch sagen, willkommen im Club

    1. Nessy sagt:

      Vielleicht auch etwas mit blutigen Monstern.
      Uaaaah. //*grusel

  11. Zaphod sagt:

    Meine erste Vermutung deckt sich mit der von Croco, da wachsen möglicherweise Thorstens grüne Schwestern. Rotlicht findet man eher in anderen Etablissements. Andererseits führt die Zockerei vor dem Bildschirm bestimmt zu Stress bei den Pflanzen, Profis machen so etwas nicht.

    1. Nessy sagt:

      Brauchen die kein Rotlicht? Ich dachte.
      Nein, das andere Rotlicht ist ausgeschlossen.

    2. kvinna sagt:

      Belehrmodus an: Pflanzen in Räumen ohne natürlichen Lichteinfall brauchen Tageslichtlampen. Unter Rotlicht – zumindest dem, was wir z.B. für verkühlte Rücken nehmen – täten sie schlicht verbrutzeln. Und an dem Rotlicht, das dem nach ihm benannten Milieu zugeordnet wird, hätten sie auch keine Freude, die Pflanzen. Sie gingen einfach an Lichtmangel ein. Belehrmodus aus.

  12. Frau Vorgarten sagt:

    das ist ulkig.
    „Ette“ ist bei uns ein Begriff für „sie/die“, bzw. „sie/die da hinten“, das ist dann „ette da“.
    Dass das bei euch ein Name ist, noch dazu für einen Kerl…
    So weit ist das Ruhrgebiet ja gar nicht weg… dachte ich.

    1. Nessy sagt:

      „Ette“ hat in diesem Text genau die Bedeutung, die sie sagen.

  13. kvinna sagt:

    Kennsch‘ nur als „Ött“ – aber Niederrhein is‘ ja nich‘ Ruhrgebiet…

  14. Sasan sagt:

    Meine beste Freundin hatte mal einen (sich selbst so nennenden) „Fuzzy“ unter sich wohnen.
    Der hatte auch alles abgedunkelt und Freunde, die nur abends kamen. Allerdings hatten die keinen „geilen Zock“, sondern haben sich zugekifft wie die Irren und das Haus stank immer gar fürchterlich, weil die Abluft nicht durch die Fenster, sondern die Wohnungstür stattgefunden hat.
    Es war grauselich.
    Und der Typ gruselich…
    So einen Fuzzy braucht man nicht unter sich :o)

    1. Frau Vorgarten sagt:

      dann hatten die einen geilen ZUG…

    2. Nessy sagt:

      In einer WG wohnte ich mal neben einem Zocker, genauer gesagt zwischen ihm und dem Klo. Zocker und seine Freunde haben nachts viel Bier konsumiert. Es war ein munteres Kommen und Gehen.

  15. katerwolf sagt:

    es ist doch gut, dass es folie gibt, oder? kann man nicht nur nicht rausgucken, kann man auch nicht reingucken.

    1. jpr sagt:

      Sie meinen: Fantasie ist immer am schoensten?

  16. katerwolf sagt:

    jpr: jep. aber es ist AUCH gut, dass man den typen nicht sieht. durch die folie.

  17. anima sagt:

    Parterre-Wohnungen mit Fenstern zum Gehweg können aber auch extrem nervig sein. Ich hatte vor vielen Jahren mal das Vergnügen in der Innenstadt einer niedersächsischen Kleinstatt – oftmals habe ich mich gefühlt wie ein Tierchen im Zoo. Nervige Gaffer konnte man dort nur mittels zugedrehter Jalousetten aussperren – auch tagsüber!

    Solang noch Zockerfreunde zu Besuch kommen, kann Ette ja nicht komplett menschenscheu sein und bewegt sich zumindest unter Gleichgesinnten ;-)

    1. Nessy sagt:

      Parterrewohnungen sind außerdem fußkalt. Und sie sind laut: Alle Leute müssen an der Wohnungstür vorbei. Klappernde Blechbriefkästen tun ihr Übriges. Nie wieder Parterre.

    2. anima sagt:

      Vielen Dank ^^… genau das wollte ich doch noch gesagt haben: Nie wieder!

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