Ich habe nun schon mehrfach gehört, zum Thema Japan werde zu viel berichtet: zu viele Informationen, zu widersprüchliche Informationen, zu reißerische Informationen.
Ich verstehe diese Haltung nicht. Zwar verstehe ich durchaus das Gefühl, mit der Ereignislage überfordert zu sein. Aber ich verstehe nicht die Schuldzuweisungen in Richtung der Fernsehsender, Onlineredaktionen und Social-Media-Plattformen.
Die Redaktionen berichten, was sie wissen. Sie sagen aber auch, was sie nicht wissen. Eine Nachricht ist eine Nachricht und gehört – ihre Folgen abwägend, aber schlussendlich immer – veröffentlicht.
Wenn ich höre: Brand in Fukushima, Brand gelöscht, Brand doch nicht gelöscht – ja, dann ist das so. Wenn ich außerdem höre, dass die Quelle der AKW-Betreiber Tepco ist, dann denke ich mir etwas dazu. Besonders, wenn die Nachrichtenlage dauerhaft widersprüchlich ist. Wichtig ist doch: Wer hat was gesagt? Wo befindet sich der Korrespondent? Was sind seine Quellen? Denken muss ich schon noch selbst. Offensichtlich meinen manche Couch Potatoes, jemand könnte ihnen das abnehmen.
Niemals früher hatten wir eine solche Vielzahl an Nachrichtendiensten und eine ebensolche Vielzahl an Social-Media-Quellen zur Verfügung. In ihrer Gesamtschau ergeben sie einen fabelhaften Überblick – soweit dieser Überlick überhaupt existiert. Soweit er sogar vor Ort überhaupt existiert.
Wie diverse Quellen zu bewerten sind, sollte inzwischen jeder wissen. Das Öffentlich-Rechtlichen sind okay, N24 ist nicht die ARD, und die BILD ist das KISS des Journalismus: laut, blutig und Zunge raus. Twitter hingegen ist meine Nachbarin, die mit Kittelschürze im Fenster hängt. Ja und? Immerhin kann ich durch ihr Fenster auf die Straße blicken.
Alle Informationen aller Quellen kann man doch erstmal hinnehmen, unter den genannten Vorbehalten. Dabei: selbst denken. Und akzeptieren, dass man manches einfach nicht weiß. Dass niemand es weiß. Aber das scheint wohl das Schwierigste zu sein.
Kommentare
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Ja, ich bin eine von denen, die sagen, dass es einen Overflow von zu vielen (nutzlosen / unbestätigten / sich ständig wiederholenden / spekulativen) Nachrichten über Japan gibt.
Ja, ich bin eine, die jeden Erwachsenen für mündig hält. Wer also wie ich die Onlineseite eines „Nachrichtenmagazines“ oder die Fernsehbilder eines „Nachrichtensenders“ (die Anführungszeichen sind absolute Absicht) in ihrer Effekthascherei nicht mehr erträgt, hat ausreichend Alternativen in allen Medienformen, um die für sich nützliche Berichterstattung zu wählen.
(„Das Fernsehprogramm wird immer schlechter“, mault der Fern-Seher während der 25. Werbeunterbrechnung in den letzten 5 Stunden. Selbst schuld. Geh bügeln oder lesen.)
Und dennoch beschwere ich mich über einen Punkt…
Egal ob deutsche oder französische Medien:
Überall laufen Endlosschleifen, Bilder aus Japan.
Und da frägt man sich irgendwann: Was ist eigentlich aus Ouattara geworden? Wie siehts in Tunesien, Ägypten und Libyen aus? Und was ist mit den Menschen in Haiti?
Ist ein Menschenleben mehr wert als ein anderes?
Egal welches Medium. Es ist schwierig an die neusten Informationen zu kommen.
1.) Libyen ist schwieriger zu verkaufen als Japan, denn:
2.) Libyen ist komplexer als Japan – und damit auch schwieriger zu recherchieren.
3.) Die Redaktionen haben nur begrenztes Personal und setzen deshalb Prioritäten.
Wäre Herr Guttenberg erst vor fünf Tagen aufgeflogen, er wäre noch im Amt und würde es auch bleiben.
Libyen verlangt Stellung zu beziehen in Bezug auf „gut“ und „böse“, Japan tut das nicht, das macht für mich den Hauptunterschied in der Komplexität, aber Sie haben natürlich recht, es ist komplexer.
Da die Frage „warum wird denn nicht über X berichtet“ leider auch immer gestellt werden kann, wird man mit der Themen-Auswahl des Mediums seiner Wahl auch leben müssen, aber wie der Post ja feststellt: Auswahl (an unterschiedlichen Medien) wäre ja da.
Bedenkenswert, respektive kritisch finde ich allerdings, dass sich offenbar fast nur noch Dinge fortbewegen, über die berichtet wird. Oder ist das schon die Verwechselung von Ursache und Wirkung und wir nehmen nur noch wahr, was in den Medien ist?
Es gibt dahingehend verschiedene Ideen.
Der durchschnittliche Deutsche sieht täglich fast vier Stunden fern, hört drei Stunden Radio und surft 1,5 Stunden im Internet. Das beantwortet jetzt zwar nicht die Frage nach der Henne und dem Ei, ist aber trotzdem beeindruckend und zeigt wohl auch den Einfluss von Medien.
Wenn man sich überlegt, dass von den 8.5h Medienkonsum am Tag 7 komplett fremdgesteuert sind allerdings. Dann kann man ahnen, warum das selber denken so anstrengend ist – es ist ungewohnt.
Andererseits sollte die gleiche Gewohnheit einen dann doch auch überzeugen, dass Dinge um die sich gestern jemand gekümmert hat heute wohl nicht liegen geblieben sind. Vielleicht sollten Medien generell jeweils noch ein „heute vor zwei Monaten“ haben, damit auch alte Themen wieder aufgewischt werden.
Lybien war schon langsam „ausgelutscht“.
Dann kam Japan: Juhui, wieder etwas neues, mit sogar mehr Potential!
Japan wird auch bald ausgelutscht sein. Heute musste schon etwas Sendezeit für Japan zugunsten der Flugverbotszone in Lybien weichen.
Zwischenzeitlich werfen wir mal vorsorglich ein paar Iod-Tabletten ein, wer die nicht kaufen will soll Salz essen, da hats in der Regel auch Iod drin. Sogar noch Fluor, das ist gut für die Zähne! Schauen ein bisschen der Hunger-Königin beim Fertigmachen junger Dinger zu und wenn der aklutelle Schwung ausricht, wechseln auch ein paar Leute auf Öko-Strom.
Aber spätestens wenn der erste Deutsch Flieger über Lybien abgeschossen wird, kann Frau Merkel die Kernkraftwerke wieder hochfahren, das merkt dann kein Mensch… Medienwelttechnisch wenigsten.
Und an Herrn Gutenberg: Dumm gelaufen, Timing ist alles…
Liebe Nessy,
Sie sprechen da etwas an, wozu ich mich schuldig im Sinne der Anklage bekenne. Ich habe in den letzten Tagen sehr häufig auf „die Medien“ (im Zorn neigt man zu Pauschalisierungen) gescholten.
Dabei geht mir garnichtmal so sehr um eine politische Einfärbung des Berichteten. Daß zu Beginn alle „Experten“ von Greenpeace kamen – die haben halt gute Kontakte; daß der Spiegel kein Mitteilungsblatt des Deutschen Atomforums ist – klar; daß möglicherweise auch viele Redakteure eine eigene Meinung zum Ausstieg mittransportieren wollen – geschenkt.
Aber ich sehe im klassischen Verständnis von den Medien als vierte Säule der Demokratie (Überwachen, Offenlegen, Kritisieren etc.) auch die andere Seite der Medaille, auf der in Großbuchstaben steht: VERANTWORTUNG. PFLICHTEN. Ich meine, daß es die verdammte Pflicht eines jeden Redakteurs ist, Meldungen und Informationen gegenzuprüfen, zu verifizieren und Primärquellen anzuzapfen, bevor man die Meldung auf den Ticker oder in das CMS haut.
Noch vor einigen Wochen war der Aufmacher der Print-Ausgabe des Spiegel ein böser Verschnitt der Praktiken der Bild-Zeitung. Den habe ich jetzt nicht mehr vorliegen, aber die Kernvorwürfe waren reißerische Berichterstattung, mangelnde Quellenarbeit und Mißbrauch des eigenen Impacts zur politischen Beeinflussung.
Aller dieser Kardinalfehler macht sich der Spiegel – zumindest dessen Onlineableger, für die Printausgabe hatte ich diese Woche noch keine Zeit – im Augenblick so gehäuft schuldig, daß man mit dem Zählen kaum hinterherkommt. Keine Überschrift ist zu reißerisch, keine Übertreibung zu peinlich und eine Korrektur der dutzenden Falschaussagen habe ich bisher noch nicht gesehen. In einer ganzen Reihe ausländischer Medien tauchten die falschen Berichte gar nicht erst auf oder wurde umgehend richtiggestellt. Warum klappt das da und bei uns nicht?
Das Bild, das sich mir als Schlußfolgerung daraus aufdrängt, ist, daß man zu vielen Dingen auf CNN, Al Jazeera (!) und Konsorten besser informiert wird als in all den Flaggschiffen des deutschen Journalismus. Und das stimmt mich sehr traurig, denn nicht in allen Bereichen bin ich so kompetent, derartig himmelsschreiende Fehler sofort zu erkennen.
Der Schlußfolgerung, daß ich allem, was ich in der Zeitung lese, mißtrauen muß, möchte ich mich noch nicht anschließen. Mein Spiegelabo wird aber nach diesen Erlebnissen sicherlich nicht weiterbestehen. Es finden sich sicher höherwertige Alternativen.
@energist: Unterschreibe ich vollständig. Diese Entwicklung sehe ich schon seit Jahren, so dass mich der SPIEGEL nach langen Jahren als Abonnentin verloren hat. Lange vor Japan. Ein recht berühmter Blogbetreiber zitiert auch immer nur noch aus dem „ehemaligen Nachrichtenmagazin“.
Es ist gut, dass es Alternativen gibt, gerade und insbesondere online, und dass wir „Verbraucher“ hier eine echte Macht haben; denn sinkende Auflagen- oder Klickzahlen tuen jedem Medium monetär weh.
@Nihilistin: Naja, fefe ist nicht unbedingt ein Maßstab für meine Weltsicht ;) Auch wenn er in der Sache (Medienkompetenz statt Grundvertrauen) Recht hat.
Aber ist das nicht traurig? Ich hätte gerne eine Informationsquelle, bei der ich nicht jedem Artikel hinterherrecherchieren muß, weil ich pauschal dem Medium nicht vertrauen kann. Ich traue mir die dafür nötige Kompetenz zwar in den meisten Bereichen zu, aber es kostet schrecklich viel Zeit. Und eigentlich bezahle ich doch die Redaktionen genau dafür? Wofür sind die denn noch gut, wenn die nicht mal mehr die Grundlagen des Journalismus machen?
@Herr Energist: Uff, das sind ja gleich ein paar dutzend Punkte. Also.
Dass einige Atomexperten aus der Greenpeace-Richtung kommen, ist mir auch aufgefallen. Allerdings – mal nachdenken, welche Atom-Erklärer so auftauchen:
Michael Sailer
Wolfgang Renneberg
Ranga Yogeshwar
Mycle Schneider
Harald Lesch
Dass alle Experten von Greenpeace kommen, stimmt – zumindest jetzt – so also nicht (mehr).
Natürlich ist es eine Pflicht, mindestens zwei Quellen zu haben und Informationen gegenzurecherchieren. Wenn es aber um den Sachstand in Fukushima geht, gibt es wohl nur eine Quelle, und das ist die Betreibergesellschaft. Was einzig bleibt, ist, deren Aussagen mithilfe Dritter einzuordnen und zu bewerten – sofern das aus der Ferne überhaupt möglich ist.
Bei Spiegel Online nervt aktuell das breite Aufmacherbild. Das suggeriert den Weltuntergang. Nun ja. Geschmackssache. Gute Arbeit leistet meines Erachtens Zeit Online, vor allem mit seinem News-Blog. Endlich hat eine etablierte Redaktion das Prinzip von Links verstanden. Es scheint allerdings die einzige zu sein. Für den Rest besteht wohl auch keine Hoffnung mehr.
Dass wir uns auf CNN und Al Jazeera informieren können, finde ich fantastisch. Man denke nur, wie es in Tschernobyl-Zeiten war. Und eben das meinte ich ja: Die einzelne Berichterstattung kann man kritisieren, aber die Möglichkeiten, sich zu informieren, sind gut.
@Frau Nihilistin: Was ich als bedenkenswert anführen möchte, ist, dass Auflagen- und Klickzahlen ökonomische Messwerte sind und nur bedingt etwas über die Qualität des Journalismus aussagen, siehe Boulevardzeitungen und Titten-Klickstrecken.
@Herr Energist II: Sie sind dazu gut, Content als Umfeld für Werbetreibende herzustellen.
Werte Frau Nessy, daher schrieb ich ja auch von zu Beginn. Übrigens muß ich den Leuten von Greenpeace Achtung zollen, teilweise waren diese besonnener und ruhiger als ihre Interviewpartner und haben bei aller Gegnerschaft sachlich informiert statt Panik zu schüren.
Mir stößt es – auch wenn Sie berechtigt einwenden, man könne sich heute durch Medien um den Globus herum informieren – sauer auf, daß nicht nur die (privaten) Printmedien, die ich bisher als Speerspitzen des Journalismus wahrnahm (analog zum „Sturmgeschütz der Demokratie“) bei der Berichterstattung zu der Katastrophe in Japan völlig versagten, sondern daß ebenso die öffentlich-rechtlichen Sender – die sich ja nun weißgott nicht über ein Finanzierungsproblem oder redaktionelle Unterbesetzung beschweren können – voller blindem Aktionismus alles falsch machten, was man falsch machen kann. Und da zieht Ihr Argument, es ginge ja nur um ein Umfeld für Werbeeinblendungen, nicht, die ÖR bezahle ich tatsächlich, um mich schlicht und ergreifend zu informieren – am besten mit Fakten, ohne Fehler und Prophezeiungen.
Die Probleme, die ich meine erkannt zu haben, sind erstens wie bereits beschrieben die mangelnde journalistische Sorgfalt; zweitens, daß (noch) nicht zur Verfügung stehendes Wissen nicht benannt und ggf. nachgereicht, sondern durch Vermutungen und Prophezeiungen ersetzt wird; dritten – das ist eher eine innere Sache als eine äußerlich erkennbare Wirkung – das Abstandsgebot von Hanns J. Friedrichs anscheinend großflächig verletzt wurde. So kann jede journalistische Tätigkeit natürlich nur in die Hose gehen.
Ich hoffe, verehrte Frau Nessy, daß sie mir diesen Standpunkt nicht übelnehmen und ich trotzdem weiter im Kaffeehaus verkehren darf.
Mein Tipp! Einmal am Tag Nachrichten sehen am besten ARD,ZDF oder N24. Den Rest in den Mülleimer der Mediengesellschaft. Weniger ist mehr!
Tja, wachsende Medienvielfalt und schrumpfende Wahrheit…
da frage ich mich, ob es „die Wahrheit“ überhaupt je gab – vielleicht war die Welt schon immer eine Anhäufung unendlich vieler Partikel, die für sich betrachtet alle ihre (Richtigkeit) Wahrheit haben und erst durch das Internet kommt man dieser Gleichzeitigkeit unterschiedlicher, ja, konträrer Wahrheiten näher.
Ganz so versponnen muß es nicht sein. Medien wollen ja nicht das Wesen der Dinge erkennen. Sie wollen das Interesse ihrer Konsumenten befriedigen und das sind im Moment Sicherheitsfrage in bezug auf AKWs und daraus folgend die Verlängerung der Laufzeit hiesiger AKWs und daraus folgend die dafür verantwortliche Regierung, schon klar und auch OK so.
Nur finde ich, sollte man sich dessen bewußt sein, daß das alles auch eine Illusion ist.
Japan: ganz schlimm, furchtbar. Aber ich habe auch heute wieder ein paar mal richtig herzlich gelacht. Das haben die Japaner sicher nicht. Von daher kann unsere Betroffenheit nicht die gleiche sein.
AKWs: ja, es ist gefährlich und ich bin absolut dafür, diese Sicherheitsfragen dringend zu klären. Aber ich weiß, wie verschüchterte, verängstigte Menschen aussehen und ich sehe solche nicht auf unseren Straßen rumlaufen. Diese Nation ist nicht wirklich verängstigt. Sie macht sich Sorgen, aber das ist noch nicht das, was angesichts einer rohenden Invasion in einer Bevölkerung geschieht.
Diese Regierung: ach ja. Was soll ich als Stuttgarter mit Hang zur Stuttgart-21-Ablehnung noch zur CDU sagen?
Aber sie ist nicht der Untergang unseres Landes. Sie gehört meiner Meinung nach abgelöst, aber Merkel ist nicht der Teufel. Leider habe ich aber manchmal den Eindruck, manche Menschen seien dieser Meinung hier im Schwabenland.
Also greife ich Dein „selber denken“ mal auf und erweitere: „weiter denken!“.
Weiter denken heißt: gerade angesichts der Geschehnisse in Japan müssen wir mal etwas runterkommen von unserem Wahn. DENEN gehts richtig scheiße und wir haben keine Ahnung davon, was das bedeutet. Das soll nicht heißen, daß wir nicht darüber schreiben und darüber diskutieren sollen. Aber wir müssen es im Bewußtsein tun, daß wir hier schwerelos und ohne Katastrophenfolgen eher philosophieren dürfen, während die auf der anderen Seite einfach nur am Verrecken sind. D.h.: nicht übertreiben, was uns angeht. Wer meint, seine Betroffenheit zeigen zu müssen, sollte unbedingt für Japan spenden.
http://feydbraybrook.wordpress.com/2011/03/15/kriegt-gescheuert-ehrlich/
In einer Berichterstattung geht es niemals um Wahrheit, sondern um Wahrhaftigkeit, also um das subjektive „Für-Wahr-Halten“ in einem konkreten Kontext. Eine objektive Wahrheit kann niemals festgestellt werden.
P.S.: Bitte unterlassen Sie es, unter all Ihren Kommentaren Links zu Beiträgen in Ihrem Blog zu posten, sonst lösche ich sie. Sie können Ihr Blog über Ihren Namen verlinken.
„Jede Geschichte hat vier Seiten. Deine Seite, Ihre Seite, die Wahrheit und das, was wirklich passiert ist.“ postuliert dieser Vortrag und attributiert das Rousseau, was ich nicht auf die Schnelle habe verifizieren können.
Wie es um „die Wahrheit“ in der öffentlichen Berichterstattung bestellt ist summiert das aber ganz gut, finde ich.
Neueste und offenbar wichtigste Nachricht, Japanticker auf gmx:
„Sushi ist nicht radioaktiv verseucht!“
Dazu fällt mir Folgendes ein: „Denken Sie selbst! Sonst tun es andere für Sie“
Leider nicht von mir aber immer wieder richtig.
Was ist denn aus dem unschuldigen Link geworden? Welches Add-in hat denn da zugeschlagen? Diese moderne Technik ist einfach nichts für mich …
Ich war so frei und habe den Link mal repariert und dazu Eberts Homepage herangezogen. Amazon setzt neuerdings immer einen automatischen Verkaufslink.
Ich promote diesen Text weiterhin – denn er zeigt, was in der Journaille verlorengegangen ist:
Sinn für die Realität und Mitgefühl (und Miterleben).
Für meinen Blog könnte ich Dich jetzt noch in einem Kommentar verlinken – ach, ich tu’s einfach.
[…] finde, dass Nessy sehr gut beschreibt und will auch nichts weiter dazu sagen, […]
Seit der Tsunami war, habe ich jeden Tag mindestens 4mal die Schlagzeile „GAU in Japan passiert“ gelesen – und der ist immer noch nicht eingetreten. Medien übertreiben bewusst um sich besser zu verkaufen. Und das finde ich auf Dauer sehr überfordernd.
Davon abgesehen hast du natürlich recht.
Werte(r?) Mocca, doch, der GAU ist inzwischen definitiv eingetreten: vermutlich strukturelle Beschädigungen im Kern, Verlust eines Großteils der Notfallsysteme, Abgabe von kleinen bis mittleren Mengen radioaktiven Materials… viel mehr geht da nicht.
Wobei ich Ihnen zustimme ist, daß die Berichterstattung in Deutschland (aber auch nur da ;) ) das von Anfang an „herbeiprophezeit“ hat – und da sah die Lage noch ganz anders aus.
@energist: das ist eine frage der defintioion. laut der des bundesamtes für strahlen mag das ein GAU sein, für mitdenkende menschen aber eben noch nicht. wie sie selbst schon schreiben ist nur ein „großteil“ der notfallsysteme betroffen, die struktur ist nur beschädigt (also durchaus noch in teilen intakt), und es werden nur kleine bis mittlere radioaktivtätsmengen abgegeben -> alles nicht auf maximum, also noch lange nicht der „grösste anzunehmende unfall“.
der fehler liegt in einer kultur der schönrederei, in der der GAU eben nicht das wortwörtlich grösste anzunehmende katastrophenszenario ist, sondern eine gut unter kontrolle zu kriegende weniger schwere störsituation, davon dann nochmal wegen der „wirtschaftlichen zumutbarkeit“ ein bisschen was abgezogen, und schon ist alles supersicher. terrorangriffe, flugzeugabstürze oder erdbeben sind da zwar nicht eingplant, aber hey, das nennen wir dann eben super-GAU (sprachlich quasi die quadratur des kreises), und schon ist wieder einmal alles in ordnung in der sauber schablonierten welt der akten und schreibtische.
Da halte ich es mit dem Kollegen Buggisch:
http://buggisch.wordpress.com/2011/03/14/fukushima-und-die-entdeckung-der-langsamkeit/
Mit den Medien ist es Momentan irgendwie wie mit kants „Ding an sich“ – man versucht es zu erkennen, aber je mehr Details man zu kennen glaubt, desto falscher wird es, weil man das richtige einfach nicht erkennen kann.
Und ich frage mich auch immernoch wer jetzt Verteidiungsminister wäre wenn es ein paar Wochen früher gewackelt hätte.
Mich stört im Moment sehr, dass andere wichtige Themen derzeit einfach untergehen. Libyen steht heute wohl vor einer Entscheidungsschlacht, Völkermordszenario nicht unwahrscheinlich; entsprechende Infos dazu im SPON? Artikel dazu im unteren Drittel untergebracht, ohne eyecatcher.
Selbst denken: Unbedingt.
Für sich selbst den Stellenwert eines Themas gewichten aber auch. Und das ist nicht gerade einfach bei einer derartig einseitig medialen Aufbereitung. Japan hat für mich hier aktuell den höchsten Stellenwert, aber Libyen folgt sogleich. Und diesem Umstand wird zu wenig Rechnung getragen.
Abgesehen davon bin ich ebenfalls Befürworter von Informationsvielfalt über alle verfügbaren Kanäle.
Ich verstehe ehrlich gesagt das Problem nicht ganz.
Wenn einem die ganze Japan Berichterstattung zuviel wird, muß man halt mal abschalten, bzw. was anderes sehen oder lesen.
Es ist eben nicht „nur“ eine Katastrophe, sondern es sind gleich drei. Eine schlimmer als die Andere. Das sich die Medien da überschlagen ist absolut nachvollziehbar.
Naja und die Qualität ….
Ich habe schon immer mehrere Quellen angezapft und mir die Essenz herausgefiltert, nur so bekommt man ein einigermassen vollständiges Bild.
In den normalen Nachrichtensendungen tauchen die anderen wichtigen Themenbereiche doch ziemlich gleichwertig auf, finde ich jedenfalls. Die ausführliche Japan – Berichterstattung findet doch immer in Sondersendungen statt.
Ich muß allerdings dazu sagen, das ich keinerlei Privatfernsehen schaue und daher nur für den Öff-Re Teil sprechen kann.
Ich finde die Berichterstattung im Spiegel übrigens bei weitem nicht so schlimm, wie hier beschrieben.
Was für ein Luxus, sich darüber aufregen zu können, welche Zeitung und welcher Nachrichtensender nun die gruseligste Berichterstattung im Angebot hat. Was für ein Luxus, sich durch die Kanäle zappen zu können oder Selbiges zu lassen, wenn das Angebot für den persönlichen Geschmack zu üppig anmutet. Was für ein Luxus, sich aussuchen zu können, ob man damit zu tun haben will oder nicht …
Was mich weitaus mehr anwidert als die allenthalben kritisierte Boulevardpresse, sind jene, die aus der lauschigen Sofaperspektive heraus selbstgerecht darüber urteilen, welche Reaktionen angemessen sind und welche nicht. Da werden Anti-AKW-Demonstranten auf ihr Grinsen reduziert, das Geschehen in Fukushima anhand der Frage ob das nun ein GAU, ein Super-GAU oder gar kein Gau ist auf die physikalischen Fakten reduziert und die Verschiedenheit des emotionalen Umgangs hierzulande mit pathologisierenden Zuschreibungen bedacht. Ich finde diese Selbstgerechtigkeit zum Kotzen.
Wem die mediale Aufbereitung too much, too stupid oder too complicated ist, möge doch einfach hinterm heimischen Gartenzaun hocken bleiben und das Sportprogramm einschalten. Und wer hinter der vielschichtigen Hilflosigkeit der Menschen im Umgang mit diesem Albtraum nur „Betroffenheitsgeschwurbel“ zu erkennen vermag, möge sich an seiner wahrnehmungsresistenten Psyche erfreuen und das Leben genießen.
Ich schließe mich der Anregung selbst zu denken an und ergänze um den Wunsch mal das eigene Innenleben zur Kenntnis zu nehmen und die eigenen Abwehrmechanismen als e i g e n e anzuerkennen, ohne sie allen anderen evangeliumsgleich als Dogma des korrekten Erlebens zu oktroyieren.
Und da es gerade so nett pathetisch ist: „Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.“ (Adorno, 1944)
*unterschreib* Großartig in Worte gefasst, Frau Antagonistin. Habe ich ähnlich empfunden, hätte es aber nicht so schreiben können.
Werte Antagonistin, die von Ihnen angeprangerte „Reduzierung auf die physikalischen Fakten“ ist nicht anderes als eine gemeinsame Sprache zu finden, die es überhaupt erst erlaubt, das Geschehen zu bewerten. Solange die Begriffe munter durcheinander fallen, kann nur aneinander vorbeigeredet werden – das alte Problem aller Kommunikationsmodelle mit dem gemeinsamen Zeichenvorrat: fehlt dieser, ist alle Kommunikation zum Scheitern verurteilt. Was Ihnen also kleinhuberisch und emotionskalt vorkommt empfinde ich als wichtige Voraussetzung für den öffentlichen Diskurs.
Daher ist mir auch keineswegs die mediale Aufbereitung „too complicated“, sie ist mir eher „too simple“, zu töricht und zu vereinfacht, um die Realität abzubilden.
Verstehen Sie mich falsch, ich verlange keineswegs von allen, rational zu bleiben und zu handeln. Wenn jedoch jemand von Berufs wegen sachlich richtige und korrekt benannte Dinge in der Welt verbreiten soll, verlange ich das von ihm oder ihr tatsächlich – auch unter diesen angespannten Bedingungen.
Ich sach nur eins: wir sind nur zu Gast auf dieser wunderschönen Erde! Also sollten wir uns auch so verhalten…
Aufgabe von Journalisten ist es Informationen aufzunehmen, zu filtern und wiederzugeben. Wenn sie aber nur eine Drehtür sind, haben sie ihren Funktion verloren. Dann kann ich gleich einfach Twittermeldungen lesen.
Insbesondere am letzten Wochenende haben die Journalisten in den etablierten Medien die Informationen sehr einseitig gefiltert. Es schien so als hätte es keine Tsunami und kein Erdbeben gegeben sondern nur eine potentielle nukleare Katastrophe.
[…] den Originalbeitrag weiterlesen: Selbst denken Medien zum Thema Medien by […]