Urlaub | Ich gleite sachte in den Urlaub hinein. Eigentlich bin ich seit zwei Tagen out of office. Aber die Goldene Regel der Selbstständigkeit will es, dass immer kurz vor dem Urlaub zahlreiche Anfragen reinkommen. Das ist erfreulich, und ich will mich auch nicht beschweren – ich freue mich ab morgen allerdings auch sehr aufs Nichtstun. Dann wirklich!
Vergangene Woche war ich noch einmal bei Kunden unterwegs. Zuerst ein Workshop zu guter Kommunikation in spannungsreichen Situationen. Danach der Abschluss einer Teamentwicklung. Begonnen haben wir die Teamentwicklung – ohne Vorwurf an die Beteiligten, aus der Organisationskultur heraus – bei Silodenken, unklarer Verantwortung, doppelter Arbeit, Einzelkämpfertum und fehlenden Urlaubsvertretungen. Nach einem Jahr habe ich das Team dahin gebracht, dass es altersbedingte Personalwechsel gemeistert hat, dass es die Aufgaben neu sortiert hat und nun flexibler und effizienter zusammenarbeitet. Außerdem ist es nun in der Lage, für die eigenen Belange Verantwortung zu übernehmen und sich zukünftig auch ohne mich weiterzuentwickeln. Besseres unternehmerisches Handeln und gleichzeitig mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeiter’innen – es war mir eine große Freude, diese Entwicklung zu orchestrieren. Wir hatten insgesamt sechs Workshops, dazu begleitete ich die Mitarbeiter’innen ein wenig on the job.
Heimweg vom Bahnhof in der Abenddämmerung auf dem Weg zurück nach Hause:

Zeitgeschehen | Jetzt, wo ich mein Sojaschnitzel nicht mehr Schnitzel nennen darf, gibt es bestimmt bald mehr Wohnungen, die Krankenkassenbeiträge sinken, die Kitas haben einen ausreichenden Personalschlüssel, die Verwaltung ist digitalisiert, wir haben ein Tempolimit, die Bahn fährt wieder pünktlich und wir sind klimaneutral. Das wird super.
Stammtisch | Der Freundeskreis „Drei Gänge“ traf sich wieder zum Stammtisch.

Wir stellten fest, dass im kommenden Jahr drei Mitglieder runden: zweimal 50, einmal 60. Man kündigte Feierfreude an, jedoch noch ohne konkret terminierte Einladung.
Die Situation war altersgerecht getrübt von allerlei Wehwehchen: Die Eine grämt der Fernsporn, der Andere stieß sich beim nächtlichen Durchs-Schlafzimmer-Tappern den Zeh, dazu die übliche Leseschwäche und allgemeine Unpässlichkeit. Wir aßen weniger als sonst. Auch das lässt nach – neben der Sehkraft.
Der Eisenmann suchte Mitstreiter für seine Triathlon-Staffel 2026. Der Reiseleiter ließ sich überreden. Es wird also einen erneuten Ausflug nach Hamburg geben, allerdings über eine deutlich geringere Distanz als im vergangenen Jahr: Statt 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer laufen werden es einskommsfünf, vierzig und zehn, aufgteilt auf drei Personen. Was nicht heißt, dass es einzelnen Teilnehmenden leichter fällt. Die gute Nachricht: Ich war Ersatzfrau für den Schwimmer; der Schwimmer steigt allerdings, Stand jetzt, wie geplant ins Wasser. Nochmal joot jejange!
Serviceblog | In meinem letzten Beitrag, es ging um Landmaschinen, aber auch um Birnenkuchen, erwähnte ich zwei Kuchenteige. Kommentatorin Nadine fragt nach Rezepten. Hier sind sie:
Der Universalteig besteht aus 200 Gramm Butter, 350 Gramm Zucker, zwei Päckchen Vanillezucker, vier Eiern, 500 Gramm Mehl, einer Packung Backpulver und einem Becher Buttermilch. Man kann alles hineintun, was beliebt: Schokoraspeln oder Kakao oder Heidelbeeren – oder was auch immer. Nur nicht mehr Flüssigkeit. Ich nehme immer Schokoraspeln. Man kann daraus Kuchen oder Muffins machen. Oder ihn einfach vom Löffel lecken. 180 – 200 Grad, 20 – 45 Minuten, Muffins kurz, Kuchen länger.
Der Birnenkuchen geht so: 150 Gramm Butter, 150 Gramm Zucker, drei Eier, 300 Gramm Mehl, eine Packung Backpulver, fünf Esslöffel Haferflocken und drei großzügige Schwappe Milch mischen. Raspelschokolade und Kakao zugeben, bis man einen hübschen Schokoteig hat, außerdem etwas Zimt und, wer mag, Rum-Aroma. Die Hälfte des Teigs in eine Springform geben, Birnen aus der Konserve drauflegen, mit dem Rest Teig bedecken. 180 – 200 Grad, 45 – 60 Minuten.
Gegenwartskunst | Symbolbild „Teenager im Haus“.

Gelesen | Martin Seelaib-Kaiser ist Professor für vergleichende Politikwissenschaft und kennt sich gut mit Sozialsystemen aus. Im Interview bei der Süddeutschen Zeitung sagt er, unser Rentensystem sei besser als sein Ruf. Dennoch hat er klare Verbesserungsvorschläge: stärkere und verpflichtende Betriebsrenten, Integration von Beamt’innen in die gesetzliche Rente, Vermögenssteuer, Abschaffung des Ehegattensplittings, eine höhere Erbschaftssteuer und die Möglichkeit, als älterer Mensch freiwillig länger zu arbeiten. Außerdem plädiert er für eine starke Vereinfachung des Sozialhilfesystems:
In Deutschland ist man sehr auf Einzelfallgerechtigkeit aus. Dadurch wird das System zum Teil überkomplex. Eine Vereinfachungsidee wäre, Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschläge über das Finanzamt abzurechnen. Denn dem Finanzamt ist ja bekannt, welchen Familienstand ich habe und wie viele Kinder. Es weiß auch, wie viel ich verdiene und ab welcher Lohngrenze mir eine Leistung vielleicht nicht mehr zusteht. Der Staat hätte so die Möglichkeit, Leistungen zu gewähren, ohne dass Menschen Anträge stellen müssten. Ich weiß, das ist fast eine utopische Vorstellung, vieles steht dem entgegen: das Steuergeheimnis, der Datenschutz, die Digitalisierung, bei der Deutschland hinterherhinkt.
Gelesen | Schaffe, schaffe, Job verliere [€]. Ein Besuch in Stuttgart, das seinen Wohlstand vor allem der Autoindustrie verdankt.
Lange war es ja so: Wer „beim Bosch“ arbeitete, hatte es geschafft. „Halt dei Gosch, i schaff beim Bosch“ lautet ein schwäbisches Sprichwort. Der Spruch stammt aus einer Zeit, in der der Arbeitsplatz bei Bosch als sicher und privilegiert galt. Eine Anstellung dort kam nicht nur einer Verbeamtung gleich, sie verlieh dem Mitarbeiter auch Autorität. Wer beim größten Autozulieferer der Welt arbeitete, war in der Regel stolz darauf. Für Vermieter in Stuttgart gab es eine Traumkonstellation: die Frau Lehrerin, der Mann Ingenieur bei Bosch, mehr Sicherheit ging eigentlich nicht.
Ich bin zwiegespalten. Einerseits kann ich die individuelle Ebene gut nachvollziehen: Man hat sich etwas aufgebaut, möglicherweise ein Eigenheim errichtet, man ist sozial eingebunden, die Existenz ist gesichert – und plötzlich steht alles infrage. Gleichzeitig denke ich, dass wir lernen müssen, Umbrüchen resilienter zu begegnen: Wir müssen lernen, dass wir auch anderswo Arbeit finden, dass wir auch anderswo ankommen können, dass es uns gelingen wird, die Krise zu überstehen und gestärkt aus ihr hervorzugehen. Als jemand, dessen Leben zahlreiche (mehrheitlich selbst gewählte, aber auch ungeplante) Brüche hat, und als jemand, der sich in der Selbstständigkeit ganz auf die eigenen Fähigkeiten verlässt, fühle ich mich befremdet von dem Anspruch, alles möge auf ewig so kommod bleiben, wie es ist. Das Wesen des Lebens ist es, dass es uns Herausforderungen bringt und uns Entscheidungen abverlangt.
Wir werden in den nächsten Jahrzehnten zahlreiche Krisen bewältigen, bedingt durch technologische, geopolitische oder klimatische Entwicklungen. Neben der individuellen Anpassungsleistung müssen wir auch als Gesellschaft Umbrüche besser organisieren. Wir benötigen Strukturen und den Willen, die Folgen von Veränderungen abzufedern, ohne dass wir ihre Notwendigkeit negieren. Bei allem, was kommt: Wir können das Meiste nicht mehr ändern, sondern brauchen einen positiven Blick auf die Zukunft und kluge Maßnahmen für das Gemeinwohl. Was ich hingegen beobachte, ist vor allem Protektionismus: Bewahrung auf Teufel komm‘ raus – zum Wohle derer, die gut gestellt sind, und auf Kosten von Unternehmen und Privatpersonen, die bereits große Anpassungsleistungen erbringen, ohne Unterstützung – oder die dies aufgrund von Rahmenbedingungen nicht können.
Gelesen | In ihrem aktuellen Newsletter fasst Frau Büssker anhand aktueller Studien zusammen, dass den Menschen in Deutschland der Klimaschutz am Herzen liegt – trotz anderweitiger Krisen und trotz einer Bundespolitik, die in dieser Angelegenheit nicht sehr aktiv ist. Interessant fand ich eine Initiative im Saarland:
Schauen wir zum Abschluss genauer ins Saarland, denn von dort lässt sich lernen. Dort haben sich in den vergangenen Monaten 51 zufällig ausgeloste Bürger:innen mit der Frage auseinander gesetzt, wir ihr Bundesland den Herausforderungen der Erderwärmung begegnen soll.
Die Bürgerinnen und Bürger haben – wissenschaftlich begleitet – über Lösungsansätze gesprochen. Spannend sei gewesen, dass die Beteiligten auch die Folgen ihrer Vorschläge weiterdenken sollten.
Gemeinsam mussten die Teilnehmenden also Maßnahmen bis in Details durchdenken und konnten sich dabei die Folgen bis vor ihre Haustür bewusst machen. In öffentlichen Debatten kommen wir so weit selten.
Herausgekommen ist ein gemeinsames Gutachten – das hoffentlich nicht in der Schublade verschwindet.
Und sonst | Ich war in Rheda-Wiedenbrück.

Das Auto musste in eine Vertragswerkstatt. Als ich vor einigen Wochen auf der Autobahn fuhr, löste sich von einem Lkw, den ich gerade überholte, ein Metallteil und knallte in meine Frontscheibe. Sie riss sofort auf halber Länge. Ich erschrak mächtig.
Während das Auto im OP war, lief ich entlang der Ems zur Flora Westfalica, trank Kaffee im Städtchen, arbeitete und vertrödelte auf beste Weise die Zeit.

Leser’innenfragen | Keine Fragen in der Themen-Vorschlagsliste.
Schweine | Am späten Nachmittag dreht man gerne eine Runde in herbstlichem Ambiente.

Kommentare
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beim Symbolbild „Teenager“ musste ich schmunzeln: hier gab es immer wieder die Situation, dass es ob des Tragens des genau gleichen Schuhmodells immer wieder Beschwerden gab „meine Schuhe passen seit gestern nicht mehr“- „der eine Schuh fühlt sich so komisch an“, etc.etc., die Beteiligten aber immer Stein und Bein schworen, genau „ihren“ Schuh zu tragen (im Kindergarten war das mit den Gummistiefeln genauso, da gab es öfters die beliebte Paarung zwei rechte, zwei linke !).
Ich habe mich auch sofort gefragt, ob die alle die gleiche Schuhgröße haben :-)