Wahlkampf | Es wahlkampft weiter: Ich stehe in der Innenstadt, laufe durch die Straßen und klingele an Haustüren. Ich treffe auf Menschen in unterschiedlichen Stadien kommunalpolitischer Entschlossenheit: Es gibt welche, die schon gewählt haben – per Brief oder im Wahlbüro. Es gibt solche, die entschlossen sind in dem, was sie wählen – und andere, die noch untentschlossen sind. Es gibt Menschen, die noch nicht mitbekommen haben, dass Kommunalwahl ist (erstaunlich angesichts der Plakatdichte in der Stadt). Und es gibt 16- und 17-Jährige, denen neu ist, dass sie schon wählen dürfen. Sie erfahren es dann von mir – und auch, dass es nicht schlimm ist, wenn sie ihre Wahlbenachrichtigung nicht finden.
Vergangene Woche strandete ich auf einer Landstraße: Die Kupplung, die mein Fahrrad und meinen Anhänger verbindet, löste sich. Dank Halteriemen blieb der Anhänger am Rad. Aber ich konnte nicht mehr weiterfahren.

Der Reiseleiter rettete mich: Er sammelte mich nicht nur ein, sondern telefonierte auch mit Weber-Technik. Der Kundendienst war sehr freundlich, beriet noch einmal und schickt uns nun ein anderes Montage-System, das besser für mein Rad geeignet ist. Bis es da ist, fahre ich mit Taschen – allerdings wehmütig, denn ich habe mich inzwischen sehr an den Anhänger gewöhnt. Er ist wirklich ein Game Changer, ich transportiere alles mit dem Ding: Wahlkampfmaterial, aber auch Einkäufe, Getränkekisten, meine Schwimmtasche, die Sporttaschen der Kinder, wenn wir zum Fußballplatz fahren – das Teil ersetzt tatsächlich ein Auto.
In meiner Nachbarschaft ist ein Pony- und Forsthof. Dieser Hof arbeitet viel mit Kindern, setzt sich für Toleranz und Klimaschutz ein. Die letzte NRW-Ferienwoche war dem Umweltschutz gewidmet, und diese Flagge gefiel mir besonders:

Am Infostand und an den Haustüren begegnen mir auch immer wieder rechtsradikale Wähler’innen. Manche sagen es deutlich, bei anderen ist es schnell dem Gespräch zu entnehmen. Eins wird durch diese Gespräche sehr klar: Die Idee, Rechtsextreme inhaltlich zu stellen, ist völlig absurd. Es ist kein Dialog möglich und auch nicht gewollt. Es wird ein Wortschwall über mich ausgeschüttet – über Ausländer, Windkraftanlagen und sterbende Innenstädte, über Impfzwang und „Die da oben“ – und über den (angeblichen) Zusammenhang zwischen allem. Weder inhaltliches Einhaken noch geduldiges Warten, bis der Wortschwall beendet ist, fruchten. Auch die Ansprache der emotionalen Ebene – im Sinne von: „Ich merke, da ist eine Menge Enttäuschung bei Ihnen“ – findet keinen Anschluss. Mein Fazit: Von Menschen außerhalb ihrer Echokammer sind Rechtsradikale nicht zu erreichen. Ich denke, wir müssen ihr System unterwandern, so wie sie unsere Demokratie unterwandern.
Broterwerb | Geschäftlich war ich auch unterwegs: in Hannover. Zwei Tage Agilitätstraining in einem Finanzunternehmen – ein schneller Ritt durch die Grundzüge von Scrum, Kanban und Design Thinking.

Die Zeit war kurz, die Arbeitsweisen durchdringt man in dieser kurzen Zeit natürlich nicht komplett. Aber die grundlegenden Ideen und die Haltung, die hinter der agilen Methodik stecken, werden klar. Außerdem haben wir kleine, praktische Ableitungen für den Alltag getroffen. Solch ein Überblick ist gut für alle, die noch keine Berührung mit Iterationen, Sprints und Work in Progress Limits hatten.
Erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass mein Kunde die Regenbogenflagge im Foyer stehen hatte.
Mitmachblog | Nochmal ein Hinweis auf meine Content-Vorschlagsliste. Fragt, schreibt, macht Vorschläge!
Gehört | Der Soziologe Aladin El-Mafaalani zu Gast bei der Lage der Nation: Teil Eins, Die Gesellschaft vergreist – warum mehr Kinder trotzdem schaden würden, und Teil Zwei, Wie wir unsere Kinder retten – und was Schulen ändern müssen. Wie immer hörenswert und erkenntnisreich.
Gelesen | Der erste Niemann- Newsletter von Daniel Drepper. Daniel war Student von mir, als ich an der TU Dortmund gelehrt habe. Er hat danach das Recherche-Netzwerk Correctiv mitgegründet und ist seit vielen Jahren Investigativjournalist für NDR, WDR und die Süddeutsche Zeitung. Gemeinsam mit seiner Frau Sanaz Saleh-Ebrahimi, die ebenfalls erfolgreiche Journalistin ist – unter anderem für das ZDF und den WDR sowie als kritische Begleiterin der Lebensmittelindustrie -, lebt er nun ein Jahr in den USA und absolviert ein Fellowship. Wir können ihn im Newsletter begleiten.
Vorfreude | Für nach der Kommunalwahl habe ich Urlaub gebucht. Fünf Tage Wellness in der Pfalz. Morgens Frühstück, abends drei Gänge, dazwischen Wandern, Sauna, lesen, mit niemandem reden, schlafen, Massage. Danach bin ich restauriert (und fahre weiter zum Urlaub mit Reiseleitern und Kindern nach Garmisch). Ich freue mich.
Schweine | Es regnet zu wenig. Das Gras wächst nicht. Die Schweine missbilligen das.

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