Jahreszeitliche Ereignisse | Die Heiligen Vier Königinnen haben mich besucht und ihren Segen dagelassen.
Außerdem hat es dick geschneit. Als ich erwachte, lag die Welt unter einer hübschen Schneedecke. Für drei Stunden war Winterwunderland, dann begann es, ausdauernd zu regnen. Nun ist alles bereits wieder Matsch, die Schneefamilie verendet langsam auf dem Rasen.
Leser:innenfragen | Zwei Fragen aus der unverbindlichen Themenvorschlagsliste, die ich gemeinsam abhandele:
- „Wie ist es dazu gekommen, dass du dich als Kandidatin aufstellen lassen hast? Von wem kam die Idee? Wie läuft so ein Prozess ab?“
- „Wie war der Findungsprozess innerhalb der Familie, sich als Bürgermeisterkandidatin aufstellen zu lassen? Es betrifft ja dann doch irgendwie alle und ist sicher nicht unproblematisch, gerade für die Kinder.“
Die Idee kam zu mir geflogen. Der Reiseleiter ist seit ungefähr einem Jahr Mitglied bei den Grünen und hatte begonnen, sich ein wenig im Ortsverband zu engagieren, ist zu Stammtischen und Vorstandssitzungen gegangen und hat sich auch daran beteiligt, Plakate für die Europawahl aufzuhängen. Auf der kommunalen Ebene lebt politisches Engagement ja viel vom Ehrenamt.
Eines Tages kam er von einer der Sitzungen des Ortsverbandes nach Hause und erzählte, man habe über die Kommunalwahl 2025 gesprochen. Man wolle einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Bürgermeisteramt stellen – wahrscheinlich gemeinsam mit der SPD. Momentan gebe es aber niemanden, der sich anbiete. Man habe eine Liste gemacht, was der-/diejenige mitbringen müsse. Bei jedem Punkt, sagte der Reiseleiter, habe er gedacht: Krass, die Person sitzt bei mir zu Hause.
Er zählte die Punkte auf – Nahbarkeit, Führungserfahrung und noch viele Punkte mehr – und ich dachte: Tja, er hat Recht. „Aber das kommt ja für dich nicht in Frage“, meint er, und ich antwortete: „Nee … wahrscheinlich nicht.“ Ich ließ die Idee jedoch ein bisschen in mir marinieren, bis sie gut durchgezogen war, und sagte einige Tage später: „Unverbindlich sprechen kann man ja mal.“
Also sprach ich mit verschiedenen Personen und Kreisen: mit der Ortsverbands-Vorsitzenden der Grünen, mit dem Vorstand der SPD, dem erweiterten Vorstand der Grünen, der SPD … darüber gingen ein paar Wochen ins Land. Dann wurde ich zunächst von den jeweiligen Vorständen der Ortsverbände bestätigt. Anschließend habe ich mich auf den Mitgliedervsammelungen vorgestellt und wurde als potentielle Kandidatin gewählt. Danach war ich offiziell Bürgermeisterkandidatin und habe mich der Presse vorgestellt.
Wir haben die Kandidatur vorab nicht mit den Kindern oder anderen Menschen aus unserem Umfeld besprochen. Denn wenn die Kinder es gewusst hätten, hätte es über kurz oder lang die ganze Stadt gewusst. Gleiches gilt für andere Menschen. Das wäre kommunikatorisch ungünstig gewesen.
Ehrlich gesagt finde ich nichts problematisch an der Kandidatur. Am meisten betrifft sie mich selbst. Denn während des Wahlkampfs muss ich meine Selbstständigkeit einschränken: zu Beginn wenig, in der Hochphase viel – und sollte ich gewählt werden, ruht sie für die Zeit des Amtes. Meine Unternehmung läuft sehr gut, ich bin auf Monate ausgebucht – die Kandidatur ist in jedem Fall ein wirtschaftlicher Verlust für mich. Ich kandidiere aus der Überzeugung, dass es eine fortschrittliche, vermittelnde Politik braucht, die an Lösungen interessiert ist, nicht an Parteigrenzen – mit Know-how in Sachen Digitalisierung und moderner Führung, damit die Stadt weiterhin ein toller Ort zum Leben bleibt.
Das größte Thema für mein Umfeld ist der Zeitaufwand, besonders in den Abendstunden und am Wochenende. Die Kandidatur sorgt allerdings auch dafür, dass ich mehr zu Hause und nicht so viel in Deutschland unterwegs bin. Hier und da können der Reiseleiter und die Kinder zu Veranstaltungen mitkommen, wenn sie Lust haben – zum Beispiel zum Neujahrsschwimmen -, müssen aber nicht. Das sind Veranstaltungen, die wir auch unabhängig von der Kandidatur besucht hätten; wir leben hier ja auch.
Dass die Bürgermeisterkandidatur für die Kinder problematisch sein soll, sehe ich nicht. Gerade in diesen Zeiten halte ich es für gut, wenn sie hautnah erfahren, wie Demokratie funktioniert, wofür Menschen sich einsetzen, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann und dass es am wichtigsten ist, demokratische Werte im Sinne des Grundgesetzes und des europäischen Gedankens zu vertreten. Sollten die Kinder auf meine Haltung und meine Meinungen angesprochen werden, können sie sich natürlich selbst dazu positionieren; das ist eine gute Möglichkeit einzuüben, sich eine eigene, fundierte Meinung zu bilden und sie zu verargumentieren. Dieses Szenario ist momentan aber noch hypothetisch. Bei allem muss man auch sehen: Es sind nicht meine Kinder; sie haben eine Mutter, einen Vater, Großeltern, Tante, Onkel – eine eigene Familie.
Ich bin kein Typ, der alle Probleme durchdenkt, bevor ich mit etwas loslege; Bedenken gibt es für alles immer genug, die Fokussierung auf Probleme führt nur zum Stillstand. Ich höre stattdessen in mich hinein, ob ich mich in der Lage sehe, die Herausforderungen, die auf mich zukommen, zu bewältigen und bespreche das mit meinem Partner.
Als meine Kandidatur bekannt war, fragten die Mädchen mit großen Augen: „… und wenn Vanessa gewählt wird, ist sie dann Chefin der ganzen Stadt?“ Allein dafür, dass diese Möglichkeit nun in ihrer Vorstellungswelt auftaucht – für sich und andere Mädchen -, hat es sich gelohnt.
Gelesen | „The Trouble with Goats and Sheep“ von Joanna Cannon. Ein Buch, das ich in Den Haag gekauft habe, weil mir das Cover gefiel. Ein guter Griff.
Eine Nachbarschaftsgeschichte mit einem Hauch von Miss Marple, eingetaucht in britische Vorstadtatmosphäre und menschliche Abgründe. Denn Mrs Creasy ist verschwunden, einfach weg. Die Nachbarschaft ist in Aufruhr. Möglicherweise hat es etwas mit der Geschichte vor zehn Jahren zu tun, mit dem Mann aus Hausnummer 11 und dem Baby. Die Geschichte wird aus der Perspektive mehrerer Nachbarn erzählt, Erwachsene wie Kinder, mit einem feinen Sinn für die Figuren. Ein Panorama von Spießigkeit mit einem bitteren Kern. Habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.
Schweine | Schneeschweine, leicht missgestimmt.
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