Ssssssssssssss | Ich möchte zu Protokoll geben, dass Ende November ist, und ich heute Nacht um 2 Uhr von Mücken geweckt wurde, die um meinen Kopf sirrten und mich erbarmungslos niederstachen.
Hotelerlebnis | Während ich das hier schreibe, sitze ich in einem außerordentlichen Hotel in der Kölner Innenstadt.
Wenn ich die Klospülung in meinem Bad drücke, fällt der Deckel des Spülkastens ab. Eben habe ich fast den Schreibtisch umgetreten, weil das Tischbein nicht fest war; ich habe es wieder hingerückt. Die Heizung heizt Zimmer und Bad zugleich.
Im Nebenzimmer wohnt eine asiatische Familie – ich traf sie an der Rezeption und folgte ihnen bis ans Ende des Ganges. Die Familie ist wortgewaltig und diskussionsstark und liebt Musik. Die Wände sind aus Rigips. Es ist, als sei ich mittendrin.
Über mir wohnt ein Bison. Wenn es durchs Zimmer läuft, setzt mein Deckenlampe aus.
Der Fernseher empfängt genau einen Sender: DMAX. Ich schaue „Steel Buddies – Stahlharte Geschäfte“. Es geht um „echte Typen in ölverschmierten Overalls“. Unter meinem flackerndem Deckenlicht schraubt ein markanter Mann an Militärfahrzeugen. Nebenan wird nun Karaoke gesungen.
Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Sie wollten mal über einen Workshop im Krankenhaus berichten. Ich warte immer noch sehr gespannt.“ In einem Krankehaus war ich nicht. Aber ich habe mit Pflegekräften gearbeitet, die in Pflegeeinrichtungen, in der Tagespflege und in der ambulanten Pflege tätig sind. Vielleicht ist das gemeint? Ich verfolge den Gedanken mal weiter.
Der Auftraggeber hat seinerzeit ein Seminar zum Thema „Zeitmanagement“ angefragt. Zielgruppe: Pflegekräfte. Ich fragte, ob das zielführend sei, denn in Bezug auf das Stressempfinden von Pflegekräften scheint mir das individuelle Zeitmanagement eine eher untergeordnete Rolle zu spielen – im Gegensatz zu den Arbeits- und Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems. Ich gestalte Zeitmanagement-Seminaren jedoch immer so, dass ich kaum Zeitmanagement-Techniken behandle; die kann man in jeder Frauenzeitschaft nachlesen. Stattdessen beschäftige ich mich mit Selbstführung, also der bewussten Steuerung des eigenen Denkens, der eigenen Gefühle und des eigenen Handelns. Eien gute Selbstführung ist Voraussetzung dafür, dass ich gut für mich sorge und – trotz aller Widrigkeiten, die mir im Leben begegnen – das Gefühl von Selbstwirksamkeit habe. Das besprach ich mit dem Auftraggeber; unter diesem Gesichtspunkt nahm ich den Auftrag an.
Zunächst einmal war es hilfreich und heilsam für die Teilmehmer:innen, dass jemand von außen ihnen spiegelt, dass ihr Stress nicht auf persönliches Versagen fußt. Vielmehr war es wichtig zu würdigen: Das, was ihr empfindet, ist nachvollziehbar. Ihr seid nicht falsch.
Dann haben wir darauf geschaut, welche Aspekte des Berufslebens (und zum Teil auch des Privatlebens, beides bedingt sich oft) die Teilnehmer:innen unter Kontrolle haben – über die sie also komplett selbst entscheiden können. Wir schauten auch auf die Dinge, die sie zwar nicht selbst entscheiden können, auf die sie aber Einfluss haben. Und wir schauten auf das, was außerhalb ihres Einflussbereichs liegt.
Für alles, was außerhalb des Einflussbereichs liegt, gibt es drei Möglichkeiten: sich damit arrangieren, das System verlassen oder nochmal überprüfen, ob man nicht doch Einfluss hat. Alles, das man unter Kontrolle hat, sollte man anpacken. Bei Aspekten, auf die man Einfluss hat, kann man versuchen, (neue) Wege zu gehen, um diesen Einfluss auszuüben.
Kontrolle und Einfluss habe ich nicht nur auf Dinge im Außen, also zum Beispiel auf die Gestaltung des Dienstplans, sondern auch auf mein Inneres, also meine Gedanken und Emotionen. Wir alle haben innere Antreiber. Das sind verinnerlichte Verhaltensweisen und Gewohnheiten, auf die wir im Leben zurückgreifen. Diese inneren Antreiber spiegeln sich in landläufigen Begriffen wie „Helfersyndrom“, „Perfektionismus“, „Konfliktscheue“ und so weiter – ich lasse die Bezeichnungen mal so stehen, auch wenn sie unterkomplex sind. Dahinter stecken Denk- und Handlungsmuster. Diese Muster sind weder falsch oder verurteilenswert. Denn die Eigenschaft, gerne Menschen zu helfen, oder der Anspruch, Arbeit ordentlich und fehlerfrei erledigen zu wollen, ist ausgesprochen positiv. Erst, wenn die Ausprägung zu Lasten der eigenen Gesundheit geht, wird es kritisch. Vor diesem Hintergrund habe ich mit den Pflegekräften über ihre Denk- und Handlungsmuster gesprochen. Darüber, wie diese Verhaltensweisen sich herausgebildet haben, wann sie hilfreich sind und wo es Kipppunkte gibt. Die Teilnehmer:innen haben Ansätze gefunden, ihre Verhaltensmuster zu hinterfragen und sich besser abzugrenzen.
Letzter Aspekt, dann endet dieser Absatz: Dilemma. Wenn Pflegekräfte Versuche unternehmen, sich abzugrenzen, laufen sie oft in ein Dilemma. Wenn eine Pflegekraft gefragt wird, ob sie kurzfristig einspringen kann, weil wieder mal eine Kollegin ausgefallen ist, kann sie nicht gewinnen. Entweder grenzt sie sich ab, dann leidet möglicherweise das Patientenwohl und eine andere Kollegin (die unter Umständen noch schlechter dran ist) muss in den sauren Apfel beißen. Oder die betroffene Person gibt nach und springt ein – dann leidet ihr eigenes Wohl, ihre Partnerschaft, ihr Familienleben und so weiter. Wir haben diese Dilemmata sichtbar gemacht und darüber gesprochen, welche Möglichkeiten es in diesem Dilemmageflecht gibt, für sich zu sorgen – wohl wissend, dass es keine perfekten Lösung gibt.
Bürgermeister-Kandidatin | Am Wochenende habe ich etwas über den kommunalen Haushalt gelernt, wie er aufgebaut ist, welchen Prinzipien er folgt und welche Steuerungsmöglichkeit es auch bei klammen Kassen gibt. Sehr interessant!
Chronistenpflicht | Für die Chronik reiche ich noch ein paar Bilder aus Berlin nach.
Das Hotel hatte einen Hotelkater. Das gefiel mir gut. In der Torstraße begegnete ich einer italienischen Buchhandlung. Das war fatal: Ich musste zwei Bücher kaufen. Woanders aß ich Piroggi, während laut polnisches Radio lief. Es war köstlich, ich wurde sehr satt. Und mitten in der Stadt standen Palmen.
Amm Freitagabend fuhr ich aus Berlin zurüch: 18:06 Uhr ab Hauptbahnhof, Ankunft in Haltern am See um 22:43 Uhr. Ich war sogar ein paar Minuten eher da. Alles klappte reibungslos. Umstieg in Münster am späten Abend:
Broterwerb | Es ist neine vorletzte Fremdübernachtungswoche in diesem Jahr. Ich bin in Nordrhein-Westfalen unterwegs, moderiere ein Bereichsmeeting, einen Teamworkshop und gebe ein Agilitätstraining. Danach fahre ich nur noch einmal auf Geschäftsreise. Es geht runter nach Baden-Württemberg für das zweite Modul eines Führungskräftetrainings. Es wird um Konflikte und schwierige Gesprächspartner gehen – und ums Führen durch Veränderung.
Seit zwei Wochen trudeln auch schon Beauftragungen fürs neue Jahr ein, dazu Anfragen von Bestands- und von Neukunden, die ihre Aktivitäten im Februar, März und April planen. Es ist ein gutes Gefühl, tolle Kunden und ein gutes Angebot zu haben und sich nicht sorgen zu müssen. Parallel plane ich natürlich Zeit für meine Bürgermeisterkandidatur ein. Im Hintergrund laufen Termine und Vorbereitungen mit meinem Wahlkampfteam und weiteren Menschen. Sobald es Neues zu erzählen gibt, teile ich es hier.
Und sonst | Ausflug mit Kindern und Reiseleiter in den Wildpark. Wir haben ein Tipi gebaut.
Anschließend gab es Pommes und Crêpes auf dem Adventsmarkt. Das war prima.
Schweine | Die Schweine leben weiter draußen im Garten. Sie kuscheln sich in ihren Stall und in ihre Häuschen. Nachmittags gehen sie spazieren – es sei denn, es regnet. Ansonsten, das soll ich hier ausrichten, leiden sie schrecklich. Nur zweimal am Tag bekommen sie Gemüse (lächerliche Napfgröße), es gibt unbegrenzte Mengen an Heu, und die Versorgung mit Erbsenringen und Knusperkugeln ist absurd mickrig. Das Leid in einem Bild:
Kommentare
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Kommentar meines Mannes zum Schweinereport: Die armen Schweine! So isses!
Wir lieben den Schlußakkord der Einträge.
Alles Gute für die Bürgermeisterkandidatur.
LG
Mhs
Dankeschön!
Nette Hotelerfahrung, da kommt man doch gerne wieder. ;)
Absolut. Sehr authentische Erfahrung. Da hat man was zu erzählen.
Mücken haben einfach sämtliche Konventionen an den Nagel gehängt. Ich habe letztes Jahr nicht ohne Grund im Januar eine Insektenschutztür in den Zugang zur Terrasse gebaut.
Ich war kurz davor, mir Ende November ein Moskitonetz zu kaufen und einen Haken dafür in die Decke zu dübeln.
Bitte! Nennen Sie das Hotel beim Namen, damit es vermieden werden kann!
Das war das Etablissement Callas.
Kölner Innenstadthotels sind eh „interessant“… Ich nächtigte vor Jahren in einem mit einem ssseeeeeehr schicken Namen. Das Neueste, was das Gebäude zu bieten hatte, war die Vielzahl der in der Lobby aufgehängten autografierten Lichtbildaufnahmen: Ilja Richter, Bernhard Brink, Vicky Leandros, Peter Alexander.
Aber hey – es war um Karneval herum, und es gab zum Frühstück gut gelaunte Karnevalsmusik aus den guten Holzboxen. Wo hat man sonst sowas?
Stimmungsvoll. Ganz wunderbar.
Dankeschön für den Bericht über die Pflegekräfte, es deckt sich sehr mit meinem Alltag. Mein Kopf nickt bei jedem Satz, ja so is es. Aber das bestätigen von nicht du bist das Problem finde ich sehr wohltuend.
Diese Liste ist eine sehr schöne Idee.
Dankeschön. Ja, manchmal gibt es keine Lösung. Es wäre schön, wenn es immer einen Zauber gäbe und man ihn nur finden muss, aber – nein. Manchmal ist das Leben einfach nicht schön. Dann ist es wichtig, dass zu sehen. Und den Blick auf das zu lenken, was man vielleicht doch ein kleines bisschen beeinflussen kann.
Bis ans Ende des Ganges? Meinen Respekt haben Sie. Was kommt als nächstes? Rhein? Nil? Amazonas? (Ja, ich finde alleine raus.)
Ein dicker Taler ins Wortspielschweinchen!
//*klonk