Bürgermeisterkandidatur | Am Wochenende gab’s Berichterstattung zum Frühstück.
Bislang habe ich viel positiven Zuspruch erhalten. In der örtlichen Facebook-Gruppe gab es auch skeptische Kommentare und Fragen. Eine E-Mail von stramm rechts traf ein.
Making of | In Vorbereitung auf meine Bürgermeisterkandidatur lag Anke Sundermeier in der Heide.
Sie lag dort so dekorativ vor Baum und Wolken, dass ich ein Foto von ihr machte, wie sie ein Foto von mir macht. Das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Allerheiligen | Ich fuhr ins Sauerland, um die Familie besuchen, die lebendige und die tote. Bei der Tante gab es Kuchen und Dosenessen: Der Cousin war auf Radreise an Saale und Unstrut gewesen und hat Köstlichkeiten mitgebracht – Halloren-Kugeln in Baumkuchen-Sonderedition für mich, DDR-Schulessen für sich.
Wir gingen zum Friedhof, besuchten die Oma, den Opa, den Großonkel und Personen der Familiengeschichte. Die Namen auf den Grabsteinen sind alte Bekannte: Es sind der Hausarzt der Oma, die liebe Frau aus der Heißmangel und Menschen, die in undefinierbarem Verwandtschaftsgrad zu mir stehen.
In den Erzählungen tragen die Toten ihren Nachnamen vor dem Vornamen: Heinekens Dieter, Schmidts Anni, Sauers Fritz. Manchmal haben sie auch nur Spitznamen – wie Paule, der eigentlich Kurt hieß. Sie alle leben weiter in den Geschichten, die man über sie erzählt, hier beim Vorbeigehen auf dem Friedhof – Geschichten, die sich mit jeder Erzählung dramaturgisch verdichten, die mit jedem Jahr reicher werden.
Der Riss | Kennen Sie das? Dinge gehen kaputt gehen, und sie tun das immer gleichzeitig. Jüngst waren es bei mir Jeanshosen. Ich stieg vom Fahrrad und bemerkte einen verdächtigen Luftzug im Schritt. Ich tastete, und ein Riss von der Größe des nordatlantischen Rückens tat sich auf. So stand ich da, mitten zwischen Menschen, mit dem Gefühl unangebrachter Nacktheit. Ich suchte eine Fensterscheibe auf, stolzierte davor auf und ab und nahm erleichtert zur Kenntnis: Solange ich nicht ausschritt wie ein Landvermesser, würde uneingeweihten Dritten nicht auffallen, in welcher Lage ich mich befand. „Haltung bewahren!“, sagte ich mir und ging meiner Wege, kleinschrittig, aber zielstrebig.
Die zweite Begebenheit trug sich im örtlichen Supermarkt zu. Möglicherweise – hoffentlich – auch erst danach. Jedenfalls kam ich heim, stieg auch diesmal vom Rad, und … nun ja. Daraufhin führte ich eine Inventur meines gesamten Jeansbestandes durch, sortierte ein weiteres, eindeutig fadenscheiniges Objekt aus und degradierte eine vierte, etwas weniger, aber durchaus auch zweifelhafte Jeans zur Homeoffice-Hose. Kein Risiko eingehen! Wenn mir also nochmal ein Riss widerfährt, dann nur in Gegenwart dreier Meerschweine.
Gänsemarkt | In der Stadt war am Wochenende Gänsemarkt. Ein gutes Ereignis, es gab auch einen Stand mit Waffeln. Außerdem Stände unterschiedlicher Bauernläden, Käsereien und jede Menge Brot. Die Gastronomien hatten alle Hände voll zu tun, die Läden verkaufsoffenen Sonntag.
Ich kaufte Käse und Backwaren und beobachtete die Anwesenheit von Stutenkerlen und Glühwein, ein eindeutiges Jahresendzeichen. Vor der Kirche schnatterten Gänse. Wie lange sie noch schnattern, blieb im Unklaren.
(Die Hose war neu und blieb ganz.)
Leser:innenfrage | Eine Frage aus der unverbindlichen Themen-Vorschlagsliste: „Wie organisierst Du dein privates Büro? Papierlos? Leitzordner?“
Ich bin komplett papierlos unterwegs, mit verschlüsselten Daten in einer Cloud. Ich kann von überall auf meine Dokumente zugreifen, egal, ob ich in Schleswig-Holstein, Sachsen oder Baden-Württemberg arbeite, egal von welchem Gerät. Ich habe immer alles dabei.
Meine To-Do-Liste führe ich als Kanban-Board in Microsoft Planner. So kann ich dort schnell etwas eintragen: beim Kunden, beim Nachdenken in der Bahn, wo auch immer mir eine Aufgabe begegnet.
Meine Buchhaltung ist ebenfalls papierlos. Belege, die ich nicht digital erhalte, scanne ich mit einer Scan-App ein und lege sie mit einer automatisierten Routine digital ab. Zeiterfassung, Angebots- und Rechnungserstellung laufen auch über das Programm. Meine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung erledige ich mit Upload einer xml-Datei bei Elster. Auf Geschäftsreisen bin ich also nicht nur inhaltlich, sondern auch administrativ autark. (Internetverbindung natürlich über VPN)
Es ist wichtig, einmal Hirnschmalz in diese Prozesse reinzustecken, sonst fressen sie Zeit und Energie, die in die eigentliche Wertschöpfung gehören.
Nur das Finanzamt und meine Krankenkasse schicken mir noch Dinge auf Papier. Ich loche die Papiere dann, hefte sie in einen Leitz-Ordner, streiche sie glatt, klappe den Ordner zu und stelle ihn in das Regal hinter meinen Schreibtisch.
Und sonst | Heute saß ich am Schreibtisch und bereitete mit letzten Handgriffen das Führungskräftetraining für die kommende Woche vor. Es kam eine Wespe durchs offene Fenster, setzte sich auf meine Maus-Hand und stach mich. Einfach so! Mit Hitzestift und Hydrocortisonsalbe ging’s dann. Aber meine Güte, ey – am 3. November.
Schweine | Herbstliche Melancholie.
Kommentare
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Solche Familienzusammenkünfte haben wir auch im Heimatort auf dem Friedhof oder in der Küche. Und immer sind die Toten wie lebendig mit dabei. Wir reden auf dem Friedhof auch mit den längst verstorbenen Eltern. „So lange die Gedanken an dich lebendig sind, bist du nicht tot.“
Das ist doch schön. Jeder hat seinen Weg, die Lücke zu füllen. Für mich sind die Geschichten von früher (ganz früher) eher so etwas wie lebendige Hörbücher.
Jetzt nicht zittern oder zagen: Bürgermeisterinnen-Wahlen vorziehen und augenblicklich die Weltherrschaft übernehmen. Nie war das so nötig wie jetzt.
[…] liest es mit leichtem Bedauern, nicht wahr, denn wie schon bei Vanessa neulich – man traut gewissen Bloggerinnen etwas zu. Denn man liest sie ja lange genug und kann es […]
[…] nicht nur Züge ähnlich wie Vanessa, sondern bediene mich jetzt auch erst mal schamlos bei ihrem Blogformat, dass sie schon seit Urzeiten so durchzieht. Ich hab das Gefühl, es könnte momentan ganz gut zu […]