Nordostwestfalen.
Ein Ort, der durch schlichte Schönheit besticht. Eine Region, deren Name man sich auf der Zunge zergehen lassen darf. Nord-Ost-Westfalen. Nord-Ostwestfalen. Nordostwest-Falen. Sprechen Sie es nicht zu schnell aus. Sprechen Sie es ganz langsam aus. Dann kommen Sie der Sache nah.
Ein Wochenende in Nordostwestfalen. Ein traditionsreiches Handballgebiet. Minden, Oberlübbe, Jöllenbeck, Nettelstedt – das sind große Namen.
Kein Urlaub in Nordostwestfalen, sondern Trainingslager. Drei Tage Bootcamp. Vier Trainingseinheiten, eine am Freitag, zwei am Samstag, eine am Sonntag. Dazu drei Spiele.
Allerdings nicht für mich. Nicht mehr. Denn es ist vorbei. Ich bin nun Alterpräsidentin, backe Muffins, fächel den Mädels Luft zu, rolle Tape ab und betätige mich als Abwehr- und Anspielerin. Ab und an turne ich mit, aber nur die netten Sachen: Warmmachspielchen, Passkontinuum, etwas Kräftigung, etwas springen, rennen und werfen – man möchte ja fit bleiben, aber nicht zu viel. Nicht, dass ich am Ende wieder Bänderrisse und Bildungsbandscheibe bekomme, das muss nicht mehr sein.
Die Saisonvorbereitung neigt sich mit diesem Trainingslager dem Ende entgegen. Die Mädels sind topfit, das spürt man nicht nur, das sieht man auch. Oft stehe ich da und denke: „So eine schöne Wade!“
Einzelne Hühner erreichen im Tempogegenstoß Schallgeschwindigkeit. Man kann gar nicht so schnell gucken, dann sind sie schon am gegnerischen Tor. Auch im Spielaufbau läuft es gut. Ich freue mich – mit den Hühnern und darüber, dass ich nicht mehr so viel rennen muss. Sondern dass ich dasitzen, der Show zusehen und hinterher wichtig daherquatschen kann. Ich erwäge zu diesem Zweck den Erwerb eines Fensterrenter-Kissens, das ich auf einem Turnkasten auslege, den ich aus dem Geräteraum an die Seitenlinie schiebe und auf den ich mich dann aufstütze.
Das schönste Warmmachspielchen war an diesem Wochenende übrigens jenes, bei dem ich einen dicken Gymnastikball mit Händen, Füßen, Kopf und Körper durch die Halle schubsen musste. Der Gegner erkannte kaum, wer der Ball und wer ich war, aber das ist Sinn und Zweck der Übung, das ist Tarnung, das kriegt man nur mit ausrechend Erfahrung hin.
Kommentare
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Zwischen den Zeilen lese ich eine aufkeimende Berufung für das Traineramt.
Ach, ich weiß nicht. Das ist ja noch mehr Arbeit, als selbst zu spielen.
Ach, und als Trainer is man am Ende immer schuld…auch blöd!
Hach, aus Ostwestfalen bin ich wech. Gleich umme Ecke von Jöllenbeck, also inner Nähe von Bielefeld.
Ich hoffe man ist dort nett zu Ihnen und der gemeine Ostwestfale wird seinem Ruf n i c h t gerecht (also, wir gelten ja als etwas mundfaul und erst auffem 2ten Blick freundlich).
Was den gemeinen Ostwestfalen angeht, kann ich nur eins sagen: Er fällt durch eine äußerst … äh … robuste Spielweise auf.
Falls Sie zur Beschaffung des Kissens einen Ausweis vorlegen müssen, ich kann Ihnen den vom Vorjahr zur Verfügung stellen. – Nichts für ungut, die Ecke von Ostwestfalen, die ich kenne, hat mir gefallen – auch ohne fesche Handballermädchenwaden!
Meinen Sie, man braucht einen Ausweis? Werden Fensterrentnerkissen nur an echte Fensterrentner mit Rentnerführerschein rausgegeben?
Da ich ein vollkommen ungeeignetes Rentner-Fenster habe (nach hinten ins Grüne, wo keine Grabenkämpfe oder so stattfinden), habe ich noch nie so ein Kissen beantragt. – Aber gibt es in Deutschland etwas echt Gutes ohne Antrag und Ausweis?????
Vielleicht ist das mit dem Kissen wie mit dem Bärenticket. Das gibt auch nur für Rentner.
Da ist ja Berlin richtig „spendabel/geizig“ – bei uns muss man 65+ erreicht haben, denn Rente gibt es ja erst mit 65. Wir (ich habe natürlich so ein Ticket) dürfen auch nicht 1. Klasse reisen, dafür kostet es auch nur ca. 47,00 Öcken und wir dürfen ganz Berlin = ziemlich groß und ganz Brandenburg = sehr groß befahren, um Land (mehr) und Leute (weniger) kennenzulernen, da keine Einladungen zu z.B. Spreewaldbäuerinnen oder dergl. inbegriffen sind. Olle Clausi hatte schon Recht mit seinem Ausspruch: „Berlin ist arm (auf die Rentner bezogen), aber sexy (auf die Politiker kann dieser Teil des Ausspruchs nicht bezogen sein!!!).
Ein Fensterrentnerkissen … nein, ich glaube dafür ist es noch zu früh, liebe Frau Nessy.
Eine Fachfrage von einem total Handball-Unkundigen – müssen Abwehrspielerinnen und -Spieler nicht mit nach vorne? Dürfen die Torwart-ähnlich am eigenen Kreis verharren und müssen nur anstürmende Gegenhühner umsemmeln?
Es grüßt,
der Ponder
Grundsätzlich müssen Sie das, aber nicht, wenn man während des Trainings in einer Hallenhälfte bleibt und dort taktische Spielzüge einübt. In dem Moment geht’s nur um Abläufe, nicht ums Vor- und Zurückrennen.
Ich denke auch, liebe Frau Nessy, daß Sie eine ausgezeichnete Trainerin wären. ;-)
Ich wäre eine strenge Trainerin.
Ist das eine *Sollte-Nessy-Trainerin-werden*-Umfrage? Eindeutiges *JA* auch von mir!
Ach, wissen Sie, im Moment noch nicht. Später vielleicht.
Nicht mehr dabei… Da habe ich nun immer schon bei den Bildern und Berichten im Facebook gesucht und geguckt – nie die Frau Nessy gefunden. Nun ist auch klar, warum. Schade.
Ist der Handball wirklich so hart, daß man so früh verbrannt ist? Gibt es da keine Alterabteilung, zweite Mannschaft oder sowas, wo man etwas weniger verletzungsbetont unterwegs ist?
Hm. Und: wie geht es Ihnen nun so auf Entzug? Da Sie ja noch Bootcamps und Spiele besuchen vermutlich wie bei so einer Trennung auf Raten. Ist schon eine Alternative am Horizont sichtbar? Also, außer Trainer… dafür muß man schließlich alt und weise sein.
Er ist zu zeitintensiv. Viermal pro Woche, dreimal Training einmal Spiel, das geht nicht mehr. Das möchte ich auch nicht mehr. Zudem hatte ich in den vergangenen Saisons immer mindestens eine schwere Verletzung. Man muss seine Grenzen anerkennen.
Niedrigklassiger spielen ist gemächlicher, aber nicht weniger verletzungsbetont. Außerdem möchte ich nach 25 Jahren Handball mal wieder freie Wochenenden haben.
Also demnächst doch NSDS „Nessy-sucht-das-Super-Hobby“ =)
Hach, die Heimat im Kännchen-Blog <3
Wir spielen hier in der Regel nicht nur ruppig: Handball gilt hier als Kampfsport und steht in einer Reihe mit MMA.
Um die Verwirrung komplett zu machen. Oberlübbe liegt in einem Bereich der landläufig sogar schon Süd-Nord-Ostwestfalen genannt wird. Darauf ein Barre. :P
Mein Freund aus Hessen kann schon über Nordostwestfalen nicht mehr als ein Nasenkrausen absondern. Ich glaube, er versteht Süd-Nord-Ostwestfalen noch viel weniger. Muss das mal testen.
Zum Ende des Textes ein Lächeln auf den Lippen.. alles richtig gemacht Frau Nessy :)