Weißer Strand, hellblaues Wasser, ein paar müde dümpelnde Boote und dazwischen: ich, liegend. Mit Sand zwischen den Zehen und einer leichten Brise auf dem Körper.
Damit sind die Vormittage der vergangenen Woche ausreichend beschrieben.*
Oder nein: Manchmal habe ich Frisbee gespielt – Wasserfrisbee, das darin bestand, den Frisbeering fortzuwerfen und um die Wette hinterherzuschwimmen. Manchmal habe ich auch eine Sandburg gebaut, mit Wassergraben und einem Turm für Pavel, Chief of Intelligence Service, der die Botschaften feindlicher Piraten entschlüsselt, um Alarm zu geben, wenn ein Angriff auf die Burg des Zaren droht. Manchmal bin ich auch geschwommen, so richtig meine ich, jeden Tag bis raus zur Boje und wieder zurück. Dort hinten gab es wilde, gefährliche Wellen; die Perspektive des Fotos verbirgt das in geradezu lächerlicher Art und Weise.
Einmal sind wir nach Nordzypern gereist. Die Grenze zwischen Zypern Süd und Nord ist netter, als die zwischen Deutschland Ost und West es war, allein schon wegen der Geranien vor den Grenzhäuschen. Neben den Geranien sitzen eine Handvoll dicker Griechen, die Beine hoch, und winken einem wohlwollend beim Vorbeifahren zu. Die Türken ein Häuschen weiter möchten den Pass sehen und stellen ein Visum aus, das nicht mehr ist als ein Zettelchen mit Stempel, das man allerdings nicht verlieren darf, sonst kommt man nicht wieder raus.
Hinter dem Grenzhäuschen erstreckt sich zunächst viel Prärie, man könnte meinen, man sei im Mittleren Westen. Ich habe jeden Moment damit gerechnet, ein Cowboy presche in wildem Galopp heran, hebe mich auf sein Pferd und reite mit mir zum Strand. Stattdessen aber überholte uns nur ein rasendes Müllauto.
In den Bergen: ein Schloss, halb Kloster, halb Burg, mit drei in den Stein gebauten Etagen. St. Hilarion soll sogar Walt Disney inspiriert haben. Man mag es ihm nicht verdenken.
Wenn man dann oben ist – was einige Zeit in Anspruch nimmt – hat man einen ausgezeichneten Blick auf die Nordküste. Auf halber Strecke befindet sich ein Café, das wir, weil: erst die Arbeit, dann das Vergnügen, zunächst links liegen gelassen haben – was dazu führte, dass wir auf dem Gipfel kalte Limonadengläser vor unseren Augen schweben sahen. Anwesende sechsjährige Jungen halluzinierten überdies Eiscreme und verfielen in ein dissonantes Quengeln.
Den Visumzettel habe ich nicht verbummelt, was ich mir selbst hoch anrechne. Eine türkische Grenzbeamtin meinte auf dem Rückweg und bei Einsicht in meinen Reisepass: Oh mei, wie blond ich sei und wie groß und wie deutsch, quasi wie Heidi Klum. Daraufhin erfanden wir den Ausdruck „preparing Heidi“, den wir fürderhin benutzten, wenn ich zum Frischmachen ins Bad musste: „Wait a minute, I gotta prepare Heidi!“
Heidi hatte, sonst wäre sie nicht Heidi, auch im Urlaub Fototermine – in Klöstern. Der kleine Junge mit dem großen Eiswunsch hat es mithilfe geheimer Superkräften geschafft, auf jedem Foto aufzutauchen.
Anwesend war außerdem: ein Baum. Vor diesem Baum, wie auch auf Felsen, an Küsten und vor malerischen Kirchen, ließen sich Unmengen von Hochzeitspaaren ablichten. Ja, wirklich: Unmengen. Ich habe in einer Woche mindestens und nicht übertrieben zwanzig gesehen. Zypern scheint ein Ort der Liebe zu sein.
Zu essen gab es auch etwas: Meeze, die Tapas-Variante der Griechen. Wenn Sie die Gelegenheit haben, derlei zu bestellen, nutzen Sie sie: Die Sachen sind ausgesprochen köstlich und schmecken dank Fleischbällchen auch Kindern. Wobei ich ergänzen muss, dass Dreijährige nicht nur die Fleischbällchen, sondern auch den Halloumi geradezu mähdrescherartig wegfraßen.
Fazit: Zypern ist super. Fahren Sie hin. Im nächsten Kapitel lesen Sie: Russisch lernen von und für Drei- bis Sechsjährige.
[*Service-Info: Ich war in Zypern zu Gast bei einer russischen Freundin und ihren zwei Söhnen.]
Kommentare
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Wunderbarer Reisebericht, danke! Ich warte gespannt auf die Fortsetzung(en).
Zur nächsten Zypern-Reise empfehle ich als Urlaubslektüre: „Es geschah auf Zypern“ von M.M. Kaye. Ein Krimi-mit-Liebesgeschichte, eher leichte Lektüre, geschrieben und angesiedelt in den 50er Jahren. Die Burg von St. Hilarion ist Schauplatz des wiederholten versuchten Mordes an der Heldin.
Dafür eignet sich die Burg sicher bestens.
Schöne Fotos – schöne Heidi ;-)) – schöner Bericht.
Die vielen Hochzeitspaare können von der Nähe Israels herrühren und der Tatsache, dass man in Israel nur „religiös“ heiraten kann; eine zivile Eheschliessung im Ausland aber in Israel anerkannt wird. ;-)
Mmmh. Kann sein.
Am Flughafen habe ich viele Libanesen getroffen – sie flogen zurück nach Beirut. Vielleicht also keine Israelis.
ich sachet ja immer. Reisen bildet.
Der Heidivergleich übrigens — ich finde, er hinkt. Die ist so ein dürrer Hungerhaken!
Das bin nun wahrlich nicht. Bei mir gibt’s also deutlich mehr Heidi als bei Heidi selbst.
Ichichich *huepft mit dem Zeigefinger winkend*
Der kleine Junge ist hinter der Saeule. Die Waffel nehm ich aber nur, wenn Sie auch Eiswaffeln machen.
Sie meinen Eishörnchen? Lässt sich einrichten.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, liebe Frau Nessy/Heidi. ;-)
Halloumi kann ich übrigens auch mähdrescherartig verputzen – ich finde, der quietscht manchmal so lustig beim Essen…
Als ich den das erste Mal aß, fand ich ihn ja komisch. Jetzt mag ich ihn sehr gerne. Er macht auch sehr satt.
Wow, so sieht *es-geht-mir-gut* aus! Weitermachen!
Und ich freue mich für Sie! In Zypern war ich bisher noch nicht und ich sehe es deutlich: blöder Fehler!
Man kann auch wandern, falls Sie das möchten. Und sich viele archäologische Stätten angucken.
das vermutlich aber besser ohne Sechsjährige…
Mannmannmann, sieht das schön aus da! Ich bin ganz verzaubert. In die Urlaubs-Besuchsziel-liste aufgenommen und ganz schön hoch eingestiegn.
Eignet sich für alles: faul rumliegen, Wassersport, wandern, Besichtigungen.
Wahnsinn,
da möcht‘ ich auch hin.
Warum bin ich noch nie dort gewesen?
Ich wünsche noch einen wunderhübschen Urlaub ;-)
Ist leider vorbei. :-(
Hier, hier, hier – schon gebucht, Ende September in die Prärie von Nordzypern – jetzt freue ich mich gleich noch mehr darauf.
Und auf die Fortsetzung ihres Urlaubsberichts freue ich mich auch – meine Russischkenntnisse sind trotz intensiver Übungen (viele Jahre Schule/Abi) nie vorhanden gewesen.
Aber da das ja hier ein Bildungsblog ist, wer weiss …..
Genau, jaja, Bildungsblog.
//*nickt heftig
Wo genau in Nordzypern? Girne oder eine andere Ecke?
4km von Girne entfern. Kleines Hotel im Hinterland. *ach wenn es des schon September wär’*
Frau Nessy, wir müssen reden. Sie diskreminieren hier die Türken auf das übelste!!! Mezze gibt es nicht nur in Griechenland oder in Spanien, sondern auch in der Türkei. Witzigerweise heißen die dort auch Mezze (die Gerichte sind eh alle gleich, in Griechenland wird nur hin und wieder Schwein dazu gegeben) und schmecken wun-der-barst.
Ich bitte um Verzeihung – eine Unterschlagung der türkischen Meeze (Meze? Mezze?)-Fähigkeiten lag mir fern. Unterm Strich bleibt: hervorragendes Essen. Egal von welcher Nation.
Entschuldigung angenommen, Frau Nessy. *nickt hoheitsvoll* Falls Sie mal in München sein sollten, dann geben Sie Bescheid, dann zeig ich Ihnen wo es die besten Mezze außerhalb des *beliebiges Vorspeisenland einsetzen* gibt.
*seufz* DISKRIMINIEREN
ach was, e, i! das wird alles voll überbewertet.
Ich schaue nach draußen. Schwülwarme 40 Grad und nun heftiger Regen und dann schaue ich auf die Fotos und bin sofort urlaubsreif. :-)
Ich wusste nicht, dass man jetzt so problemlos die Grenze überschreiten kann. Das Abgesprerrtsein war der Grund, warum ich nie da hin wollte.
Haben sich die Jungs über die Geschenke gefreut?
Toll. Leider habe ich meinen Fotto vergessen und werde jetzt als Ersatz einfach die Ihren verlinken… (nein, nicht klauen). Noch mehr leider muss ich heute wieder heim.