U-bahn. Zwei ältere Damen steigen zu, sich unterhaltend.
„Kär, Kär, die redet in einem fort. Kocht’se Kaffee, sacht’se, dat’se Kaffee kocht. Macht’se Pudding, sacht’se, dat’se Pudding kocht. Nur am Sabbeln isse. Wirße verrückt, wennde da bis.“
Die beiden lassen sich in den Zweiersitz vor mir sinken.
„Wohnt’se allein?“
„Nä, die wohnt doch mit dem Bernhard zusammen, weiße doch. Der sacht abba kein‘ Ton. Is stumm wie’ne Forelle. Naja, wat soll er auch sagen. Gisela quatscht ja die ganze Zeit. Ich hab zu dem Bernhard schon gesacht: Bernhard, hab’ich gesacht, mach doch ma den Ton lauter! Da sacht’er: Wieso denn? Reicht doch, wenn einer redet.“
„Recht hattaja.“
„Klar hattadat.“
„Dabei kannze dich mit dem Bernhard gut unterhalten.“
„Aber nur, wenn seine Olle nich dabei is. Imma unterbrichtse ihn. Ich hab schon zu ihr gesacht, Gisela, hab ich gesacht, lass den Bernhard doch ma ausreden.“
„Und wat sacht’se da?“
„Nix hat’se gesacht. Einfach weitergesabbelt hat’se.“
„Dabei hat’se doch schon den Fritz ins Grabb geredet. Sogar aufe Trauerfeier hat’se nur gequasselt.“
„Da war ich nich‘ bei. Da war ich doch im Knappschaft, da ham’se mir grad die Krampfadern gezogen.“
„Da fällt mir ein, unsa Mutter hat getz Stützstrümpfe. Abba sie is ja so eitel. Gibbet die getz nich auch in dunkel? Die hautfarbenen Dinger zieht’se nich an.“
„Kann ich deine Mutter mitbringen. Hab‘ ich genuch von. Hab gestern ers noch saubere gerollt. Und getz im Sommer trach ich eh nur Söckskes.“
„Dat is nett.“
„Ich hab auch noch so Strumpfhosen mit Stütz. In 42. Sind mir bissken knapp geworden. Hab mich ja so verbreitert. Kann ich deine Mutter auch mit inne Tüte packen. Die is ja wat schmaler.“
„Sach ma, müssenwa nächste raus?“
„Wenn dat da am Stadtgattn is.“
„Is Stadtgattn.“
„Dann müssenwa raus.“
Kommentare
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Ich liebe deine Nacherzählungen. Und wie schön dat aufgeschrieben is :)
Ganz wundervoll beschriebene Szene, Frau Nessy!
Hach. Du kannst den Ruhrpott so schön einfangen :) Danke.
„Dabei hat’se doch schon den Fritz ins Grabb geredet.“
Frauen können so entwaffnend ehrlich sein^^.
Ich würde etwas darum geben, diese Dialoge einmal selbst anhören zu dürfen.
Nehme mir daher fest vor, im nächsten Urlaub mal einen ÖPNV-Tag
einzulegen.
Ob ein Tag reicht? Manchmal kommt’s ganz dicke und ich habe binnen sechs Stunden drei Blogbeiträge, manchmal passiert fünf Wochen nichts. Man kann’s schlecht planen.
Kannst Du eigentlich Steno?! Oder schneidest Du das im Kopf einfach so mit?
Dieser Dialog ging tatsächlich so schnell, dass ich mir nachher kurz Notizen ins Handy tippen musste. Meist geht’s aber aus dem Gedächtnis.
Solche Quasselstrippen sind beratungsresistent! Aber offenbar nicht nur die Beredete, die anderen beiden auch gleich mit!
Aaach Frau Nessy, kommse ma bei mich bei! Sie machen datt imma so schön, ich musse ma knuddeln!
Uff! Nich so doll, woll!
Ich würde schon meinen Hut vor jemand ziehen, die oder der solche Dialoge erfinden kann – aber mitgeschrieben und aus dem Leben ist das noch mal `ne Schippe besser. Wunderschön, danke. :-)
Gerne. Bedanken Sie sich bei den beiden Damen.
Bei „datt“ fällt mir ein Dialog in der Bahn ein, den mir mal jemand erzählt hat und den ich einfach nicht vergessen kann:
Ein Kind klettert so auf den Sitzen herum und da fragt eine Frau die Mutter:
„Darf datt datt?“
Und die Mutter antwortet:
„ja, klar darf datt datt.“
Liebe Grüsse
asty
„Datt datt datt darf!!“
;-)
Wie ich diesen Dialekt liebe. :-D
Sind das nicht brillante Voraussetzungen für eine steile Twitter-Karriere?
Jetzt, wo Sie’s sagen: in der Tat.
Grandios!
Fast wie dehemm :D
Meine beiden besten Kumpels sitzen bei mir, wir genießen ein kühles Bier.
Sagt der Eine : Mann, der Bruder meiner Frau war das ganze WE da …. der hört einfach nicht auf zu reden. Voll die Monologe, die ganze Zeit. Ich dreh echt noch durch !
Sagt der Andere : Boah, so stellt sich ein Ostfriese die Hölle vor ! ;-)
Danke für die Geschichte, ist wie immer als säße man daneben. :-)
Hab das gerade in reinen Rheiderländerisch im Ohr:)
Wie schön und wertvoll wirken auf einmal ÖPNV-Ruhrpott-Ömchen-Floskeln wie „hattaja“ und „hattadat“, wenn man sie mal Schriftform vor sich hat und nicht, wie so oft, nur beiläufig hört! Danke, mal wieder:-)
Kär, kehr, ker, kähr, keer – ja, wie denn nu? Ach, ich weiß auch nicht.
Darüber habe ich auch lange gerätselt. Am ehesten noch Käääaaaa!
Kär, Kär, Kär, dat erinnert mich aba sowatt von anne Kindheit, wo (ll). Meine Omma kam von Letmathe aus’m Saualand und da wurde ja so gesprochen. Mir fehlte allerdings noch das bestätigende Wort am Satzende: „Wonich?!
Danke für diesen schönen Dialog.
Letmathe tendiert ja schon ins Sauerland. Dort sagt man „wonnich“. Wenn’s betont wird, auch mal „wonnichwoll“.
109 – ich liebe „es“ .
…vielleicht könnten Sie mit dem Händi auch mal mitschneiden, Frau Nessy?
Gerade gestern hatte ich an der Geburtstagskaffeetafel einer Cousine eine interessante Unterhaltung darüber, ob wir jenseits unserer Zone mit unserem Släng überhaupt verstanden werden.
Der Feldversuch der jüngeren Generation hatte gezeigt: „Kusselkopp is‘ doch puppig!“ wird keinesfalls deutschlandweit verstanden. „Hickeschlick“ wahrscheinlich auch nicht….
[…] Die liebe Nessy fährt Stadtbahn. […]
❤
Im Knappschaft…? Meintie datt Knappschaft in Bottrop? Datt wär ja dann praktisch genau inne Nachbaaschaft von da, wo ich großgeworn bin, nä?! (Osterfeld, näämich.)
@Kvinna: Kusselkopp un Hickeschlick: Getz hasse mich abba direkt nache Omma innet Wohnzimmer katapultiert! Danke!
Immer wieder gerne! Isset doch waahscheinlich dattselbe Wohnzimmer wie von meine Omma datt…. ;)
„Nix hat’se gesacht. Einfach weitergesabbelt hat’se.“
Sowas gehört doch auf Kissen gestickt!
Danke, Eule, für den herzhaften Lacher!
„… hab mich ja so verbreitert …“ Welt. Klasse. Danke :-)