Die Bücher der vergangenen Wochen:
Maarten ‚t Hart. Der Schneeflockenbaum.
Die Geschichte des Ich-Erzählers und seines Freundes Jouri, der ihm sämtliche Frauen ausspannt. Die beiden nehmen die Stationen des jungen Lebens: Grundschule, Gymnasium, Studium. Die Erzählung ist flüssig und gefällig. Die Figuren sind sauber gezeichnet. Aber so ganz will der Funke nicht überspringen. Dafür fehlt der Spannungsbogen.
Jonas Jonasson.
Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.
Ein Road Movie: An seinem 100. Geburtstag steigt Allan Karlsson aus dem Fenster seines Altenheims und haut ab. Er klaut einen Koffer, der zufällig einem bösen Bandenmitglied gehört, trifft diverse Kleinganoven und eine Frau mit einem Elefanten. In Rückblicken wird zwischendurch Allans Leben erzählt, in dem er sämtliche Diktatoren dieser Welt kennenlernte und als Schelm um die Erde zog. Was launig klingt, ist belanglos: Die Verknüpfung von Weltereignissen ist bemüht. Die flapsige Sprache nervt mit der Zeit. Die Erzählung ist vorhersehbar. Die Ideen wiederholen sich. Die sich ähnelnden Szenen langweilen.
Jo Nesbø. Headhunter.
Er ist Headhunter. Und er ist ein Kunstdieb. Bis er seinen Klienten Clas Greeve kennenlernt. – Der Krimi beginnt vielversprechend; kühl erzählt, aus der Perspektive eines unsympathischen Täters. Das ist ungewöhnlich. Das ist gut. Aber dann überschlagen sich die Ereignisse, der Thriller wird zum Actionsstreifen und verliert seine Spannung und Intensität. Schade.
Tatiana de Rosnay. Sarahs Schlüssel.
1942: Sarah lebt mit ihrer Familie in Paris und ist zehn, als die französische Polizei alle Juden der Stadt im „Velodrome d`Hiver“ zusammentreibt und nach Auschwitz deportiert. In letzter Sekunde schließt sie ihren kleinen Bruder im Wandschrank ein, mit dem Versprechungen, bald zurückzukommen. 60 Jahre später begibt sich die Journalistin Julie auf ihre Spuren. Die Geschichte ist gut, sehr gut sogar, aber der gefühlsduselige, wertende, frauenromanhafte Stil hat es mir manchmal schwer gemacht, sie zu genießen.
Tom Rob Smith. Kolyma.
Der ehemalige KGB-Offizier Leo Demidow ist nun Ermittler eine Mordkommission. Als mehrere Ex-KGB-ler sterben müssen und seine Adoptivtochter Soja entführt, muss sich Leo seiner Vergangenheit stellen. Die Geschichte beginnt vielversprechend. Die Stimmung ist beklemmend. Doch ab der zweiten Hälfte wird das Buch zu einem unglaubwürdigen Actionstreifen.
Jeanette Walls. Ein ungezähmtes Leben.
Die Geschichte von Lily Casey, die auf einer Texas Ranch aufwächst, Lehrerin wird, Kinder großzieht, illegal Schnaps verkauft, wilde Pferde zureitet und immer einen Revolver griffbereit hat. Es ist eine wahre Biographie mit ein bisschen Fiktion, denn Lily ist die Großmutter der Autorin. Der Erzählstil ist wie die Hauptfigur selbst: zielstrebig und pragmatisch. Ein gutes Buch.
Kommentare
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fleißig, fleißig. sechs romane in einer woche? ich dachte, sie arbeiten.
Als Nachtportier kann man jede Menge bei der Arbeit lesen.
Oder als Museumswächterin.
Oder wenn man auf dem Weihnachtsmarkt in einer Bude sitzt.
hihihi!
Gerade extremst gewundert…. einmal weil es kein Riesenbücherstapel ist, und dann weil jedes dieser Bücher in mein Beuteschema fällt… und dann festgestellt, ich bin ja gar nicht bei Anke Gröner :D
*seufzend bis jetzt gesuchte Bücher von Liste streich*
Liest Frau Gröner nicht eher Sachbücher und viel Gegenwartsliteratur? Ich bin ja mehr so Mainstream unterwegs.
Ich kann’s nicht ganz erklären, aber in Maarten ‚t Harts Büchern einen „Funken“ oder einen „Spannungsbogen“ zu vermissen, ist vielleicht ein bisschen an der Intention des Autors vorbeiverstanden.
Aber ich mag ja auch seine Art des „einfach vor sich hin Erzählens“. Wahrscheinlich ist das also doch Geschmackssache.
Ja, und an guten Geschichten von Frauen ist oft, sehr oft, mindestens eine Prise Roman, Wertung, Gefühlsduselei. Schade.
Die Intention des Autors ist mir meistens egal. Denn wenn ich ein Buch lese, lese ich es mit meinen Augen, Erfahrungen und lese somit Eigenes hinein – zu rätseln, was der Autor gemeint haben könnte, finde ich immer müßig. Das vorab. Ich glaube schon, dass ich die Erzählart von Maarten ‘t Hart verstanden habe. Ich mag auch grundsätzlich das Vor-sich-Hin-Erzählen. Nur muss schon ein dramaturgischer Aufbau vorhanden sein, denn genau das macht ja einen Roman aus und unterscheidet ihn von einer Allerweltsgeschichte.
Nein, vielleicht habe ich mich unglücklich ausgedrückt. Ich rätsele auch nicht nach dem Schema „Was soll mir das jetzt sagen?“; was ich eigentlich meinte, war, dass gerade das Banale, das Höhepunktlose bei Maarten t‘ Hart voller kleiner Juwelen steckt, die gar nicht so sehr zusammenhägen. Z.B. das kleine Besäufnis am Bootssteg auf der Rückseite des Hauses. Das kann ich auch ganz herauslösen aus der Geschichte als die Momentaufnahme eines Lebensgefühls. Nuja. Ist schon lange her, dass ich das Buch gelesen habe. Vielleicht vom Bogen her mehr wie eine Aneinanderreihung, hinter denen die Banalität des eigentlichen Handlungsstranges zurücktritt??
Ach, was rede ich da. Geschmack ist Geschmack ist Geschmack.
Ja, es ist eine Aneinanderreihung, die dadurch verbunden wird, dass der Eine dem Anderen immer die Weiber wegschnappt. Ich lese nun noch einen zweiten t’Hart, weil – wie gesagt – an sich mag ich dieses gefällige Erzählen. Mal sehen, wie die nächste Geschichte ist.
(Jeder kriegt eine zweite Chance.)
„Der Psalmenstreit“ jedenfalls hat einen gewissen Spannungsbogen. „Gott fährt Fahrrad“ ist heiter-melancholisch, wenn es das gibt. Meine Meinung. Ich bin gespannt zu hören, welchen t‘ Hart Sie lesen und wie Sie ihn finden werden.
oh. das war aber eine schlechte ausbeute. bis auf frau walls kamen alle schlecht weg.
bei ´t harts würde ich auch nie auf einen funken warten, mir fehlt da auch die chemie. aber ein großer schriftsteller ist er trotzdem.
lesen sie mal jasper ffordes „grau“ – das wird ihnen gefallen. hoffe ich, mein neuer favorit.
Ich habe nun noch einen zweiten t’Hart zu Hause, um den Autor besser kennenzulernen. „Der Schneeflockenbaum“ war ja nicht wirklich schlecht, also mal schauen, was „Das Wüten der ganzen Welt“ zu bieten hat.
Ffjordes‘ „Grau“ setze ich mir mal auf die Liste.
das Wüten ist stark. Ich habs gelesen.
Hat hier an anderer Stelle schon einmal jemand gesagt. Deshalb war ich doch noch neugierig.
Jasper Fforde ist extrem gut ! :-)
Also diesen Roadmovie-Roman fand ich jetzt ganz lustig. Man darf das alles nicht so ernst nehmen, dann geht es :-). Eher so wie Forest Gump, der trifft ja auch die ganzen Weltherrscher.
Gruss
asty
Vielleicht fand ich es auch so langweilig, weil ich es aus Forrest Gump schon kannte? Mmmh. Das Buch hat ja viele gute Kritiken.
wo ist eichentlich der Hund, der sonst immer bei den Bücherstapeln dabei war?
Ich vermisse ihn.
Der ist im Weihnachtsurlaub und wird derweil vom Englein vertreten.
(Wie süß, dass es Ihnen aufgefallen ist.)
hoffentlich kehrt er gut erholt zurück.
Er hat bereits eine Grußkarte geschickt.
Ob ich nun als einziger an das hier gedacht habe?
Hihi. Das würde ihm gefallen.
Da fehlt eindeutig mein Buch auf dem Stapel :)… Ist allerdings auch ein ebook und mehr den Genre Frauenliteratur zuzuordnen…mit einem Schuss Humphrey Bogart :)
Werbung in eigener Sache – verstehe.
Wenn Humphrey Bogart während des Lesens auch vorbei käme … oder nein: Wenn er mir vorlesen würde, das wäre in Ordnung.
und demnächst kommt ja noch meine insgesamt dritte Veröffentlichung in Buchformat dazu.
HURRA!
Ihre dritte Veröffentlichung?
Kolyma: Absolut zu unterschreiben. Schade, dass es so eine Mission-Impossible-Story wurde.
PS: Alles auf Papier gelesen? Hatten Sie da nicht so ein ….. elektronisches Dingens erworben?
Hatte ich. Aber ich hatte noch Einiges auf Halde. Ich bin auch noch unentschieden, was ich auf dem elektronischen Dingens lesen möchte und was auf Papier.
Vor Weihnachten zu empfehlen ist die Millennium-Trilogie von Stieg Larsson. Auch weil bald die amerikanische Verfilmung des ersten Bandes in die Kinos kommt. Die Trilogie ist, finde ich, wegen der differenzierten Darstellung von Lisbeth Salander gut. Das kann in einem Film mit so dichter Handlung nicht dargestellt werden, weil die Zeit nicht reicht ( http://karinkoller.wordpress.com/2011/12/09/1724/ ). Also lesen und dann anschauen, wäre mein Tipp.
Die Bücher habe ich schon gelesen.
Die Trilogie wurde doch schon einmal verfilmt. Warum jetzt nochmal?
Weil in Amerika keine Filme synchronisiert werden und europäische Filme mit Untertiteln keiner guckt. ;-)
Ich werde mir den Film wohl ansehen, denke aber das die gute erste Verfilmung qualitativ nicht erreicht wird.
Damit die Bücher nicht verlorengehen, wenn die Verfilmung nicht gut genug ist. Damit nicht alle nur den Film anschauen, weil sie meinen, damit alles zu erfahren.
Salander sollte ein Beispiel für viele Frauen sein. Ich glaube nicht, dass das im Film herauskommen wird (in der schwedischen Verfilmung ist es nur mäßig geglückt).
Mit Lisbeth bin ich nie richtig warm geworden. Ich schrieb es nach dem Lesen schonmal an anderer Stelle. Ein Beispiel für viele Frauen? Sie ist gewalttätig und autistisch.
Sie überwindet ihre Ängste, sie kämpft trotz aller Widrigkeiten weiter, sie gibt nicht auf.
Sie kann nichts für ihren Autismus, wird vom System aufgegeben, rappelt sich wieder auf und lernt mit ihrer Krankheit zu leben. Das finde ich das Faszinierendste an ihr.
Sie wird von den Behörden und Medien (jenen innerhalb des Buches) als gewalttätig dargestellt, ist das aber nur in Notwehr (auch in Verfolgung ihres Gerechtigkeitsverständnisses).