Zuletzt gelesen in 2010:
Kluun. Mitten ins Gesicht
Ein Mann begleitet seine Frau durch die Krebskrankheit – bis zum Tod. Erst denke ich: Himmel, was ein pubertäres Arschloch. Am Ende habe ich geheult. Das emotional stärkste Buch des Jahres 2010.
Tom Rachmann. Die Unperfekten
Die Geschichte vom Niedergang einer internationalen Zeitung in Rom. Ein Sammlung kleiner Erzählungen über den Korrespondenten, den Nachruf-Schreiber, die Chefredakteurin, den Verleger – und eine Handvoll weiterer Akteure. Dicht, menschlich, eindringlich, überraschend, desillusionierend. Das eindeutig beste Buch des Jahres 2010.
Robert Seethaler. Die weiteren Aussichten
Ein Mann, sein Fisch und seine Mutter. Dann tritt Hilde in sein Leben. Eines der schlechtesten Bücher des Jahres 2010: Eine Geschichte, die nicht trägt, und ein Erzählstil, der nicht über Hauptsätze hinauskommt.
Vorsätze für das I. Quartal 2011:
Aktuelles Projekt:
„Ich dachte damals auch, wenn man reise, bis man irgendwo einmal das Ende der Welt berührt zu haben glaubt, dann erreicht man vielleicht auch einen neuen, andersartigen Zustand des Ankommens. (…) Könnte es nicht sein, dass nicht die Reisenden sich bewegen, sondern dass vielmehr die Welt unter ihren Füßen Fahrt aufnimmt, und sie sich gleich bleiben?“
Dieses Buch lese ich mit einem Bleistift in der Hand, denn es ist ein poetisches Werk voller Sätze, die ich gerne anstreichen möchte. Eigentlich ist mir Roger Willemsen niemals groß aufgefallen, nicht positiv, nicht negativ, es gibt ihn einfach und er macht sein Ding. Während ich jedoch dieses Buch lese, hege ich den Wunsch, die Reisen gemeinsam mit ihm unternommen zu haben, so passioniert, aber auch so gelassen berichtet er von seinen Enden der Welt.
Weil es so gut zum Jahreswechsel passt, ein zweites Zitat:
„Während ich ihn beobachte, die Augen ohne Reflex, die bewegungsarme Mimik und Gestik, das verhuschte Lächeln, das sich in seinem Gesicht verläuft und irgendwo versickert, denke ich:
Alle Fragen haben es zur Antwort gleich weit.“
Einen guten Start ins neue Jahr.
Kommentare
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danke für die Sätze von und über Roger.
Argl….Pascal Mercier (Peter Bieri)….war einer meiner Professoren im Studium und ich muss sagen: Er sollte lieber bei der Philosophie bleibe, denn da ist er Spitze….
Ansonsten: Guten Rutsch.
Das Buch wurde mir hier im Blog empfohlen. Wie’s ist, weiß man ja immer erst nach dem Lesen. Ich werde dann berichten.
Wenn Roger Willemsen schreibt oder spricht ist er auf der gleichen Stufe mit Peter Ustinov !
Ach ja bevor ich es vergesse. Guten rutsch ins neue Buchjahr 2011
Mrs. Jones
Ich habe inzwischen etwas weiter gelesen, und muss sagen: Nicht jedes Kapitel ist gleich gut, aber jedes ist lesenswert. Am besten allerdings nicht direkt hintereinander, sonst wird er nicht mehr.
Ich wünsche Dir ein Gesundes und Glückliches Neues Jahr! Mit Spannung, Freude und auch Augenzwinkern lese ich erst seit kurzem Deinen Blog… Deine Sichtweise der Dinge spricht mich sehr an und ich danke Dir dafür das Du mich daran teilhaben lässt ;-) ich habe noch viel nachzulesen und freue mich schon auf alles neue. Gruß Bianca
//*schiebt Tässchen Kaffee rüber
Schön, dass Sie den Weg hierhin gefunden haben. Ihnen auch ein gutes Neues!
frau nessy, jetzt müssen sie aber auch noch den zweiten teil von „mitten ins gesicht“ lesen – der heißt „ohne sie“ … bin gespannt, was sie dazu sagen!
Ich las allerorten, der zweite Teil sei nicht so gut und man solle ihn meiden. Der Herr Kluun verarbeite darin nur mit viel Sex, Drogen und Alkohol seine Trauer, allerdings nicht besonders tiefgründig.
Oder nicht?
Frau Nessy, dieser hinreißende kleine bunte Hund interessiert mich deutlich mehr, als der neben ihm befindliche Herr Willemsen. Was genau ist das?
Der kleine, bunte Hund ist ein angepinseltes Hinstellsel aus Holz. Fragen Sie mich nicht, wo ich ihn adopiert habe. Irgendwo auf meinen Reisen.
Frohes neues Jahr!
Und „Die Enden der Welt“ werde ich mir sowas von für meinen Flug nach Australien zulegen.
Wie passend!
Ihnen auch ein frohes neues Jahr!
Du liest Bücher, um Zitate anzukreuzen? Staun. Ich lese auch gern. Zugegeben, meist weniger anspruchsvolle Bücher, wie „Sie“, „Es“, „Der dunkle Turm“, „Puls“ (und weitere 40 Stephen King Bücher). Ich käme aber nie auf die Idee, einen Bleistift zurecht zu legen, falls ich über ein interessantes Zitat stolpern würde. Erneut Staun!
Ich lese die Bücher nicht, um anzukreuzen. Sondern ich lese ein Buch und denke währenddessen: „Wow, was ein Satz!“ Oder: „Was für eine Sprachgewalt.“ Oder finde mich einfach wieder.
Weil ich solche Passagen dann gerne nochmal nachlese oder sie anderen Menschen zuteil werden lassen möchte und dann nicht mehr wiederfinde, kreuze ich sie an.
Es gibt zugegebenermaßen aber nur wenige Bücher, bei denen das passiert.
Ich streiche mir wichtige Sätze auch immer an oder knicke eine Ecke um und Sätze, die mich ganz besonders berühren, schreibe ich sogar – von Hand, bitteschön – in mein Tagebuch. Bücher mit umgeknickten Ecken kann ich also niemals wegwerfen, wohingegen ich mich mittlerweile ganz locker von Büchern trenne, von denen ich weiß, dass ich sie bestimmt nie wieder lesen werde. So sind meine Regale nie überfüllt und die übriggebliebene Auswahl ist wahrlich „erlesen“.
Von reisefreudigen Menschen, die sich auskennen, wird Willemsen ja in mehreren Besprechungen vorgeworfen, dass er sehr schlampig recherchiert habe, verwechsele Arktis und Antarktis, Bezeichnungen, berichte von Reisestrecken, die es so gar nicht gäbe und dergleichen. Man hält ihm vor, die Orte nur als Kulisse für eitle Selbstbespiegelungen zu nutzen und dass er hätte genausogut über Bielefeld hätte sinnieren können.
Das macht mich schon ein wenig skeptisch…
Ob die Reisetrecke in Kamtschatka so stimmt, kann ich natürlich nicht beurteilen.
In der Kritik steckt sicherlich ein Kern Wahrheit. Was mir an den Erzählungen ein wenig fehlt, ist der Dialog mit den Menschen. Willemsen befindet sich viel im Monolog. Deshalb kann man nicht 200 Seiten in einem Rutsch weglesen. Ich habe aber nicht den Eindruck, als bespiegele er sich fortwährend selbst, vielmehr gibt er in erster Linie wieder, was er sieht.
Eine sich durchziehende Handlung mit Spannungsbogen gibt es also nicht.
Nachtrag:
Typisch, sich über Andere auslassen, aber selber vergessen, noch ein gutes neues Jahr mt mindestens an jedem zweiten Tag leckeren Brötchen zu wünschen, was hiermit beschämt nachgeholt wird.
//*lacht
Herr W. kann es Ihnen aber auch nicht recht machen: Sinniert er über sich, ergeht er sich in eitlen Selbstbespiegelungen, tut er es nicht, lässt er sich über andere aus, aber sich selbst außen vor.
Vielleicht Sind Sie einfach mehr der Krimi-Typ.
Hihi,neenee, da meinte ich nicht Herrn W., sondern mich. Warum sollte Roger auch von den Micken wissen?
Ich wünsche auch ein frohes neues Jahr !
Herr Willemsen kommt mir immer etwas überheblich vor, habe allerdings nocht allzuviel von ihm gesehen/gelesen daher kann ich mir auch kein richtiges Urteil erlauben.
Herrn Kluun habe ich mal quer gelesen, ist aber nicht so mein Fall.
Ich habe soeben „Ein Traum von einem Schiff“ von Herrn Herbst durchgelesen und dabei Tränen gelacht.
Die Traumschifffolge über die es in dem Buch geht habe ich mir sogar „reingequält“, war aber kaum auszuhalten.
Die Landkarten stehen schon parat, die Unperfekten auf meinem Wunschzettel. Willemsen? Hm… Zu gegebener Zeit. Eher später als früher. Vorher muss ich mich noch die Sozialpsychologischen Aspekte im Web 2.0 quälen. Keine Empfehlung für Freunde. Eher für Feinde.
äh, ich finde es ja rühmlich, englisches im original zu lesen, aber kehlmann auf italienisch?
der rachman liegt bei mir nach dem dritten kapitelmenschen unfertig auf dem nachttisch – ist nicht so übergesprungen.
und roger willemsen? sicher einer der unterschätztesten kulturmenschen bei uns – viel zu bescheiden, um gross aufzufallen. sehr geistreich die „jahreszeitenkolumnen“ im zeitmagazin.
Hallo Nessy,
Habe im Dezember das von Ihnen an anderer Stelle empfohlene Buch von Reif Larsen „Selected Works of T.S. Spivet“ gelesen und war davon begeistert. Was ein Buch. Danke für die Empfehlung!
Sehr gerne! Es freut mich, dass Sie Spaß daran hatten – und dass die kleinen Rezensionen hier zu schönen Lektürestunden führen.
[…] den Namen kennt du doch …” – und tatsächlich: Vor Jahr und Tag las ich “Die weiteren Aussichten“, ein mehr oder weniger fürchterliches Buch. Doch “Der Trafikant” wurde mir mit […]